Süddeutsche Zeitung

Bund plant Gemeinschaftsanleihe:Ärmere Länder wollen Geld zum Schnäppchenpreis

Deutschland bekommt Kredite praktisch zum Nulltarif. Das weckt Begehrlichkeiten bei jenen Bundesländern, die sich schwertun, sich günstig Geld zu leihen - etwa Schleswig-Holstein. Das Finanzministerium macht ihnen nun Hoffnung auf "Deutschland-Bonds". Die reichen Länder winken jedoch ab.

Warum sollen nicht auch die Bundesländer von den günstigen Konditionen profitieren, die die Bundesrepublik derzeit bei den Anlegern bekommt? Dieser Idee nähert sich nun offenbar das Finanzministerium an: Der Bund plane 2013 erstmals eine gemeinsame Anleihe mit den Bundesländern auszugeben, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Verhandlungskreise. Finanzministerium und Finanzagentur hätten die Länder am 9. November über die Bedingungen für solche "Deutschland-Bonds" informiert, die ein zweistelliges Milliardenvolumen haben könnten.

"Es stimmt, der Bund hat den Ländern eine gemeinsame Anleihe angeboten", sagte Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU).

Die Einführung von Deutschlands-Bonds könnte die Refinanzierung von Bund und Ländern erheblich verändern und dürfte auch die Frage nach einer Vergemeinschaftung von Schulden verschiedener staatlicher Ebenen erneut anfachen.

Bloß keine Haftung

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte sich unter anderem deshalb lange gegen Gemeinschaftsbonds in Deutschland gewehrt, weil er sich auf EU-Ebene gegen Forderungen aus Südeuropa nach Euro-Bonds und der Vergemeinschaftung von Schulden wehrt

Seit Monaten fordern vor allem ärmere Bundesländer Deutschlands-Bonds, weil sie sich wegen ihres geringen Kreditvolumens nur schwer Geld leihen können. Länder wie Schleswig-Holstein wollen mit Gemeinschafts-Anleihen davon profitieren, dass der Bund derzeit nur extrem niedrige Zinsen bei der Kreditaufnahme zahlen muss. Reichere Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg halten entsprechend nichts davon.

Allerdings pocht der Bund nach wie vor weiter darauf, nicht für die Länder mitzuhaften. Er will den Angaben zufolge zwar die Abwicklung einer Gemeinschaftsanleihe übernehmen, aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nur anteilig eine Haftung.

Finanzstarke Länder winken ab

Angedacht ist offenbar ein Volumen im zweistelligen Milliardenbereich. Anders als von den Ländern erhofft, würde der Bund aber nicht die Hälfte, sondern nur einen Anteil am Emissionsvolumen übernehmen, der in etwa in Höhe der jeweiligen Länderanteile liegen soll. Ein Beispiel: Nähmen die 16 Länder je eine Milliarde auf, würde auch der Bund beispielsweise rund eine Milliarde Euro übernehmen.

Ungeklärt blieben nach den ersten Gesprächen mit den Ländern offenbar unter anderem das Volumen sowie die genaue Laufzeit. Zudem war die Resonanz auf die Vorschläge offenbar verhalten. Während sich kleinere Bundesländer in der Hoffnung auf niedrigere Zinssätze für die Idee begeistern dürften, kommt von den großen bereits Ablehnung. "Niedersachen ist an einer solchen gemeinsamen Anleihe nicht interessiert", betonte Finanzminister Möllring.

"Zum einen glauben wir, dass die Finanzierungsbedingungen günstiger sind, wenn wir alleine eine Anleihe ausgeben", sagte er. "Zum anderen können wir dann auch die Konditionen selbst festlegen, wann wir mit welcher Laufzeit und zu welchen Bedingungen auf den Markt gehen." Aus Länderkreisen hieß es zudem, dass auch die finanzstarken Länder Bayern und Baden-Württemberg kein Interesse hätten, weil sie sich alleine sehr günstig Geld leihen können.

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