Briefkastenfirmen:Alle Länderfinanzminister fordern zügige Konsequenzen aus Panama Papers

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Kampf gegen Steuerflucht: Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) (Archivbild) (Foto: dpa)
  • Die Länderfinanzminister fordern zügig neue Meldepflichten und Sanktionen gegen Banken und Personen, die Beihilfe zum Steuerbetrug leisten.
  • Die EU-Kommission plant einen Vorstoß, wonach nationale Finanzbehörden sich künftig umfassend untereinander austauschen sollen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin, und Alexander Mühlauer, Brüssel, Berlin/Brüssel

Ungewöhnliche Umstände befördern zuweilen erstaunliches Engagement. Wie an diesem Donnerstagmittag, als die Finanzminister der Bundesländer nach extrem kurzen Verhandlungen einen Arbeitsauftrag verabschieden, der vor vier Tagen undenkbar gewesen wäre. Sie fordern die Verantwortlichen in Bund und Ländern auf, bis zum 3. Juni einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, der internationale Steuerflucht über Briefkastenfirmen deutlich erschwert. Das in dieser Woche bekannt gewordene Ausmaß von weltweiter Steuerflucht über Briefkastenfirmen habe in Panama "erneut dringenden steuerlichen Handlungsbedarf deutlich gemacht", heißt es in dem Antrag, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Den Handlungsbedarf listen die Minister penibel auf: Jegliche Meldepflichten sollen verschärft, Banken und Personen, die nachweislich Beihilfe zum Steuerbetrug leisten, sanktioniert werden dürfen. Dienstleister, die entsprechende Geschäfte vermitteln, sollen verpflichtet werden, diese den Steuerbehörden anzuzeigen. Wer dem nicht nachkommt, soll für Steuerschäden haften.

Überraschend ist nicht nur der Antrag, sondern auch die Einigkeit der Minister über parteipolitische und Landesgrenzen hinweg. Der Arbeitsauftrag ist einer ungewöhnlichen CSU-SPD-Koalition zu verdanken, sozusagen dem Schulterschluss von Bayern und Nordrhein-Westfalen. Markus Söder prescht am Mittwoch mit der Idee vor, künftig auch Banken für Beihilfe zur Steuerflucht haftbar zu machen. Es ist eine Ankündigung mit Kalkül. Der Bayer Söder weiß, dass er damit schon die Zustimmung des Ressortkollegen gewonnen hat, der normalerweise sein ärgster politischer Gegner ist: Norbert Walter-Borjans aus Nordrhein-Westfalen.

Walter-Borjans kämpft seit Jahren dafür, dass Finanzinstitute, die nachweislich Beihilfe zum Steuerbetrug leisten, stärker zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Er hat es sogar geschafft, dass der Bundesrat im Jahr 2014 einen entsprechenden Beschluss fasst. Aber der Gesetzesantrag, der in gravierenden Fällen auch den Entzug der Banklizenz vorsieht, liegt seitdem beim Bundestag.

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Gemeinsam mit Söder gelingt es ihm, die Ressortchefs der Länder zu einem neuen Vorstoß zu motivieren. Unter Punkt 4 des Antrages ist nachzulesen, dass die Finanzminister erwarten, "dass in das Kreditwesengesetzgesetz explizite Regelungen aufgenommen werden, die ein Vorgehen gegen Banken im Falle der systematischen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermöglichen". Ein kleines Detail zeigt, wie groß das Vertrauen der beiden Minister war: Als es zur Abstimmung geht, ist Walter-Borjans hoch über den Wolken auf dem Weg nach Kuala-Lumpur, sein Staatssekretär hebt für ihn den Finger. Und Söder freut sich: "Gut, dass alle Bundesländer das Ziel größerer Transparenz unterstützen. Es geht darum, die Abschreckung vor Steuerbetrug und Geldwäsche mittels ausländischer Briefkastenfirmen in Deutschland zu erhöhen".

Die Medien sollen den Behörden Informationen zur Verfügung stellen

Am längsten debattieren die Finanzminister über eine Forderung, die vor allem von Berlin erhoben wird. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen will, dass die Medien ihre Daten zur Verfügung stellen. Er würde "Ihre Unterstützung in dieser gesamtgesellschaftlich wichtigen Angelegenheit sehr begrüßen", hat er bereits in einem Brief an die Chefredaktion der SZ geschrieben. In der Ministerrunde begründet Kollatz-Ahnen seine Forderung damit, "dass die Motivation von Steuerbetrügern zur Selbstanzeige erlischt, wenn die Medien grundsätzlich ausschließen, entsprechende Daten weiter zu geben". Nicht alle sind einverstanden, vor allem die Länder nicht, die über eigene Landesbanken auf Daten zugreifen können. Sie einigen sich auf eine abgeschwächte Formulierung. Sie "würden es begrüßen, wenn die den Medien vorliegenden Informationen den Steuerbehörden zur Verfügung gestellt werden".

Auch aus Brüssel drohen Konsequenzen. "Das ist ein Thema, das die ganze Welt erschüttert, wir müssen jetzt das politische Momentum nutzen", sagt EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici am Donnerstag. "Wir müssen Steueroasen auflisten und sie mit angemessenen Sanktionen belegen." Die EU-Staaten sollen sich innerhalb der nächsten sechs Monate auf eine schwarze Liste einigen.

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In der nächsten Woche wird die Kommission einen Vorschlag gegen die Steuerflucht großer Konzerne vorstellen. Nationale Finanzbehörden sollen sich künftig umfassend untereinander austauschen. Steuerverwaltungen sollen erfahren, in welchen Ländern die Firmen wie hohe - oder niedrige - Abgaben zahlen. Der Entwurf hat allerdings eine Schwachstelle: Die Konzerne müssen ihre Steuerlast zwar in der EU melden, aber nicht die Gewinne, die sie außerhalb der EU verschieben, etwa mit Offshore-Konstruktionen auf die Bermudas, Cayman Islands oder eben Panama. Diese Ausnahme soll, so heißt es Brüssel, angesichts der Panama-Papers gestrichen werden.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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