Studie:Deutschland würde bei hartem Brexit Milliarden verlieren

Studie: Großbritanniens Premierministerin Theresa May versucht derzeit noch, einen geordneten Brexit zur organisieren.

Großbritanniens Premierministerin Theresa May versucht derzeit noch, einen geordneten Brexit zur organisieren.

(Foto: AFP)
  • Bei einem harten Brexit müssten alle EU-Länder besonders starke Einkommensverluste hinnehmen. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.
  • Steigt Großbritannien ohne Vertrag aus der EU aus, verliert Deutschland demnach Einkommen in Höhe von 9,5 Milliarden Euro.
  • Besonders betroffen wären EU-Regionen an der Küste zu Großbritannien; in Deutschland außerdem Gegenden, wo es viele mittelständische Unternehmen gibt.

Von Moritz Zajonz

Wenn die Briten ohne einen Vertrag aus der EU austreten, würde das auch die EU-Länder hart treffen. Wie hart, das zeigt nun eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Donnerstag veröffentlicht wurde: Demnach würden sämtliche Länder der EU bei einem sogenannten harten Brexit Einkommen verlieren.

Am stärksten würde der Ausstieg aus der EU die Briten selbst treffen, das Einkommen würde um etwa 2,4 Prozent schrumpfen. In absoluten Zahlen heißt das, sie müssten mit einem Verlust von etwa 57 Milliarden Euro jährlich rechnen. EU-Länder, die stark vom Handel abhängig sind, kommen an nächster Stelle: Deutschland würde etwa zehn Milliarden Euro Einkommen pro Jahr verlieren, danach folgen Frankreich und Italien mit etwa acht beziehungsweise vier Milliarden Euro.

Die Forscher Giordano Mion von der University of Sussex und Dominic Ponattu von der Bertelsmann-Stiftung haben in der Studie berechnet, wie sich ein harter und ein weicher Brexit jeweils auf die Einkommensentwicklung auswirken könnten. Sie haben dafür ein Modell entwickelt, das aktuelle Handelsströme und Produktivität berücksichtigt, aber auch Faktoren wie die Marktgröße, die Entfernung der Handelspartner und Sprachkenntnisse.

Um die komplexen Effekte eines Brexit beurteilen zu können, haben sie verschiedene Maßzahlen berechnet: Die großen Zahlen, beispielsweise die 57 Milliarden Euro Verlust, die Großbritannien drohen, sind die absolute Einkommensänderung. Da die Länder sehr unterschiedlich starke Wirtschaftsleistungen haben, lässt sich der Einfluss des Brexit auf das jeweilige Land besser anhand der relativen Einkommensänderung vergleichen. Deutschland verliert zwar 9,5 Milliarden Euro, das macht aber nur etwa 0,3 Prozent des Einkommens aus. Belgien verliert mit 1,7 Milliarden Euro 0,4 Prozent.

Der Brexit würde sich der Studie zufolge regional sehr unterschiedlich auswirken. Regionen in Nordrhein-Westfalen, für die der Handel mit Großbritannien wichtig ist, verlieren am meisten: Düsseldorf müsste bei einem harten Brexit mit Einbußen in Höhe von 650 Millionen Euro rechnen, Köln mit 560 Millionen Euro. Das entspricht Einkommenseinbußen von jeweils etwa 0,3 Prozent.

EU-Regionen an der Küste zu Großbritannien wird es vergleichsweise stark treffen, wenn der Handel mit dem Nachbarn eingeschränkt würde. Auch in Regionen mit vielen mittelständischen Unternehmen, wie dem Umland von Stuttgart oder von Hamburg, würde das Einkommen deutlich sinken.

In beiden Szenarien, also bei einem harten wie einem weichen Brexit, gibt es ausschließlich Verlierer unter den EU-Ländern. Die Einkommen würden überall sinken. Ein weicher Brexit würde die Folgen jedoch deutlich abschwächen: Für Großbritannien und Deutschland etwa wären die Verluste nur halb so hoch.

Manche Länder außerhalb der EU könnten vom Ausstieg der Briten sogar profitieren. Die USA könnten mit gut 13, China mit fünf Milliarden Euro Einkommenszuwachs rechnen, sollte es zu einem EU-Austritt ohne Vertrag kommen.

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