Süddeutsche Zeitung

Wasserstoff-Autos:Zähe Zelle

Seit mehr als einem Jahrzehnt fördert der Bund Wasserstoff-Autos. Doch nun muss die Regierung einräumen: Viel gebracht hat es nicht.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Kürzlich noch hat sich Andreas Scheuer ein kleines Scharmützel mit Herbert Diess geliefert, dem VW-Chef. Auf Twitter hatte Diess, bekennender Fan der Elektromobilität, das Wasserstoffauto für erledigt erklärt - das Klima lasse sich so nicht retten. Worauf der Verkehrsminister abermals die Technologieoffenheit beschwor. "Ich halte die Konzentration auf nur eine Antriebstechnologie für falsch", konterte CSU-Mann Scheuer. Alle neuen Technologien müssten erforscht werden. Und so ähnlich sahen das auch etliche Verkehrsminister vor ihm: Hunderte Millionen an Fördergeld flossen bisher in Autos mit Brennstoffzellen.

Viel gebracht hat es offenbar nicht, jedenfalls legt das die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen nahe. Sie liegt der Süddeutschen Zeitung vor. So floss aus den Mitteln zweier großer Innovationsprogramme, die der Bund dem Durchbruch der Brennstoffzelle gewidmet hatte, ein Drittel in Wasserstoffautos, insgesamt 212 Millionen Euro. Doch zugelassen sind bis Ende Juni nur 1261 Pkw, die an gut 90 - ebenfalls geförderten -Tankstellen Wasserstoff bekommen. Auch die deutschen Hersteller und Zulieferer wurden reichlich unterstützt, den Zahlen zufolge mit 187 Millionen Euro. Doch das Rennen machen bisher asiatische Hersteller: Von den 1261 zugelassenen Fahrzeugen stammen 80 Prozent von Hyundai, Toyota oder Honda.

In den Planungen deutscher Hersteller erlebt die Brennstoffzelle seit Jahren ein Auf und Ab. Mercedes verfolgte lange große Wasserstoff-Pläne. Doch der Wasserstoff-SUV GLC Fuel Cell blieb eine Kleinserie. Der Stuttgarter Konzern konzentriert sich nun stattdessen auf Brennstoffzellen für den Schwerlastverkehr. Einzig BMW setzt mit dem i Hydrogen Next auf die Zelle für Pkw, vom nächsten Jahr an soll eine Kleinserie gebaut werden - um die Technologie zu erproben.

"Mir ist das zu esoterisch", sagt der Grüne Cem Özdemir

Die Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff in Strom, der dann wiederum einen Elektromotor betreibt. Emissionen entstehen so allenfalls bei der Erzeugung des Wasserstoffs. Die allerdings ist aufwendig. Zwar lässt sich der Wasserstoff per Elektrolyse auch aus Windenergie gewinnen. Doch die Energie wird so zweimal gewandelt - erst aus Strom in Wasserstoff, dann aus Wasserstoff in Strom. Das erledigen Batterien in Elektroautos effizienter. Zwar versprechen Wasserstoff-Tanks mehr Reichweite, aber die Batterie holt auf. "Auf dem Weg zu emissionsfreien Autos hat sich der Markt für die Batterie entschieden", sagt der Grüne Cem Özdemir, der auch den Verkehrsausschuss des Bundestages leitet. Leute wie Andreas Scheuer dürften ja gerne vom Wasserstoff-Auto träumen. "Aber mir ist das zu esoterisch", sagt Özdemir.

Das Verkehrsministerium wiederum verweist auf die vielen anderen Chancen, die Wasserstoff biete - etwa im klimafreundlichen Antrieb von Trucks, Schiffen oder auch Flugzeugen. Alle möglichen Anwendungen der Brennstoffzelle zu erproben könne da kein Fehler sein. Für das Auto allerdings versprüht auch die Antwort auf die Kleine Anfrage keine Euphorie: Die technische Machbarkeit sei nicht die Herausforderung, heißt es darin. Wohl aber "die Entscheidung für eine kostenintensive Hochskalierung der Produktion".

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