Süddeutsche Zeitung

Braunkohle:Ärger an der Tagebaukante

Bundesregierung droht Klage durch Kraftwerksbetreiber.

Von Michael Bauchmüller

Der Bundesregierung droht neuer Ärger um ihre Vorruhestandsregelung für alte Braunkohle-Kraftwerke. Der Aachener Kraftwerksbetreiber Trianel will sich in Brüssel gegen die Sonderregelung beschweren, womöglich sogar klagen. Es gebe "eine ganze Reihe Anzeichen dafür, dass die Braunkohlereserve eine rechtswidrige Beihilfe darstellt", sagte ein Trianel-Sprecher.

Kurz zuvor hatte das Kabinett die Reserve gebilligt. Demnach sollen zwischen 2016 und 2019 insgesamt acht alte Braunkohleblöcke in eine sogenannte "Sicherungsbereitschaft" gehen, darunter Anlagen von RWE, Vattenfall und Mibrag. Mit der Reserve hatte die Bundesregierung einen heftigen Konflikt über die Zukunft der Braunkohle beigelegt, ursprünglich sollte eine zusätzliche Klimaabgabe ältere Braunkohleanlagen weniger wirtschaftlich machen. Stattdessen sollen sie nun über jeweils vier Jahre für den Stillstand bezahlt werden, ehe sie endgültig vom Netz gehen. Insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro sollen die Stromkunden dafür über die Netzentgelte zahlen. Zu den Nutznießern dieser Regelung zählen auch Kraftwerke, deren Tage ohnehin schon gezählt waren. Aus Sicht der Konkurrenz ist das eine massive Wettbewerbsverzerrung. Stadtwerke etwa würden benachteiligt, heißt es bei Trianel, Stromkonzerne dagegen erhielten das Geld nachgeschmissen.

Die Wettbewerber hoffen nun auf Brüssel: Denn sobald der Bundestag der Braunkohle-Regelung zugestimmt hat, muss die Bundesregierung das Gesetz von der EU-Kommission notifizieren lassen. Lehnt sie es ab, muss es nachgebessert werden. "Wir gehen davon aus, dass wir einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, der genehmigungsfähig ist", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch in Berlin. Er selbst hatte einst den Vorschlag der Klimaabgabe gemacht, dann aber nach dem Protest von Gewerkschaften zurückgezogen. Warum? "Wir haben uns entschieden, nicht den Eindruck zu erwecken, wir wüssten alles besser als die Betriebsräte", sagt Gabriel.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2015
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