Braucht man das?:Handy mit Faltbildschirm

Lesezeit: 2 min

Klappe auf, Bildschirm groß: Samsung wagt sich mit dem Galaxy Fold erneut auf den Markt. (Foto: PR)

Samsung traut sich ein zweites Mal: Das Galaxy Fold ist wieder zu haben - mit einigen Verbesserungen.

Von Helmut Martin-Jung

Ist es ein iPhone? Ist es ein Samsung oder ein anderes Android-Handy? So einfach ist das heute oft gar nicht mehr zu erkennen - so ähnlich sind sich gerade die Spitzenmodelle in ihrem äußeren Erscheinungsbild geworden. Samsungs Galaxy Fold wird das nicht so leicht passieren: Noch ist es das einzige Smartphone auf dem Markt mit einer richtigen Neuerung, die auch aufs Äußere durchschlägt. Was aussieht wie ein eher länglich, aber recht dick geratenes Smartphone, birgt eine ziemlich große Überraschung: Es lässt sich aufklappen, und statt des für heutige Verhältnis ziemlich mickrigen Frontbildschirms mit seinem 11,6 Zentimetern Diagonale leuchtet einem dann ein nahezu Tablet-großer Bildschirm entgegen.

Er misst stolze 18,5 Zentimeter in der Diagonale und zeigt 2152 mal 1536 Bildpunkte an. Das ist weniger scharf als die Bildschirme in der Handy-Spitzenklasse, doch mehr Bildpunkte hätten nicht allzu viel gebracht, dafür aber den Akku schneller leergesaugt.

Als Handynutzer, der es jahrelang gewohnt war, seine Geräte bloß nicht zu sehr unter Spannung zu setzen, etwa bei Hinsetzen mit dem Handy in einer engen Jeans, fürchtet man bei Samsungs Faltgerät eines ganz besonders: dass der Falz irgendwann brüchig wird. Zu sehen ist er auch bei einem fabrikneuen Gerät, aber bloß, wenn man es gegen das Licht hält. Die Kollegen von der Zeitschrift Chip wollten es aber genau wissen und bauten eine kleine Falzmaschine, die das Smartphone auf- und zuklappte, und zwar so oft, wie es Samsung seinen Kunden verspricht: 200 000 Mal. Das Ergebnis: Der Falz hielt, nur die Scharniere gaben ab 160 000 Mal seltsame Geräusche von sich. Der Bildschirm des Fold sollte also einige Jahre normaler Nutzung überstehen.

Das war beim ersten Anlauf weitaus unwahrscheinlicher. Samsung hatte, getrieben vom chinesischen Konkurrenten Huawei das Fold übereilt entwickelt und bei den ersten Testern ein ziemliches Fiasko erlebt. Schwachpunkt Nummer eins war das offene Scharnier, durch das Fremdkörper eindringen konnten und den Bildschirm von innen beschädigten. Die zweite Sollbruchstelle war eigentlich ein Missverständnis. Damit das biegsame Display die vielen Faltungen aushält, muss es mit einer besonderen Folie geschützt werden. Weil die bei den ersten Modellen nicht bis zum Rand reichte, dachten die Tester, es handle sich um eine gewöhnliche Displayschutzfolie und zogen sie ab. Dadurch ging der Bildschirm kaputt.

Bei der Neuauflage reicht nun die Umrandung des Bildschirms über die Folie. Auf die Idee, sie abzuziehen, kommt man dadurch nicht mehr. Die beiden Enden des Scharniers sind mit Plastikkappen abgedeckt, die verhindern sollen, dass Fremdkörper eindringen.

Die beiden Bildschirme des Fold arbeiten nahtlos zusammen. Erhält man etwa bei zugeklapptem Handy eine Nachricht und will sie auf dem größeren Bildschirm lesen, muss man das Gerät nur aufklappen, die entsprechende App ist dann bereits geöffnet und bereit. Der große Bildschirm lädt aber auch dazu ein, darauf mehrere Apps gleichzeitig zu öffnen. Das funktioniert sehr einfach durch einen Wisch vom rechten Bildrand nach links.

Dort werden dann verfügbare Apps angeboten. Bis zu drei Apps lassen sich gleichzeitig anzeigen, was manchmal schon hilfreich sein kann. Die Größe lässt sich auch noch etwas variieren, indem man die Begrenzungslinie mit dem Finger auf dem Bildschirm verschiebt. Will man dann allerdings in einer App auch noch etwas eingeben, wird es auch auf dem großen Bildschirm schnell eng. Öffnet und schließt man das Fold, bleibt die eingestellte Dreiteilung erhalten, nicht aber, wenn man es bei geschlossenem Handy entsperrt.

Fast unnötig zu sagen, dass die verbaute Hardware potent ist. Auch den neuen Mobilfunkstandard 5G beherrscht das Fold bereits. Alles andere wäre bei einem Preis von 2100 Euro auch kaum vermittelbar. Muss man das Falthandy nun haben? Wen es nicht stört, dass das Fold satte 276 Gramm wiegt und sehr teuer ist, kann zeigen dass er zu den early adopters gehört. Die schlimmsten Kinderkrankheiten jedenfalls sind wohl ausgestanden.

© SZ vom 30.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: