Süddeutsche Zeitung

Braucht man das?:Apple Watch 4 mit EKG-Funktion

Ist das nur ein Stolperer oder doch schon das Vorzeichen eines Schlaganfalls? Die jüngste Apple Watch könnte da helfen.

Von Helmut Martin-Jung

Muss man das haben, eine Smartwatch? Eigentlich nicht zwingend, angesichts von Millionen verkaufter Geräte wirkt die Frage mittlerweile allerdings fast überflüssig. Die Apple Watch 4 (ab 429 Euro) liefert ein weiteres Argument, das für eine computerisierte Uhr spricht. Sie kann Stürze erkennen, einen Notruf absetzen und ein einfaches EKG erstellen und so vor bestimmten Herzproblemen warnen. Seit einigen Wochen ist die entsprechende Funktion nun auch für Deutschland freigeschaltet.

Mit einem Elektrokardiogramm lassen sich an der Körperoberfläche die Änderungen der elektrischen Spannung nachvollziehen, die jeder Kontraktion des Herzmuskels vorausgehen. Dafür kleben Ärzte bei der Untersuchung mehrere Elektroden auf genau definierte Körperstellen.

Apples Smartwatch kann nur ein einfaches EKG ableiten; als Elektroden dienen ein Sensor an der Rückseite sowie die Krone der Uhr. Diagnosen wie etwa Herzinfarkt können damit nicht gestellt werden, mit dem einfachen EKG lässt sich aber das sogenannte Vorhofflimmern recht zuverlässig feststellen. Diese Herzrhythmusstörung geht einher mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle und Herzinsuffizienz.

Die Messung selbst funktioniert sehr einfach. Man startet die EKG-App auf dem Smartphone und wird dann aufgefordert, einen Finger auf die Krone der Uhr zu legen. Dort muss er für etwa 30 Sekunden bleiben, auf der Uhr wird die verbleibende Zeit angezeigt. Danach erscheint eine Bewertung des Messergebnisses. Während der Messung weist die Uhr zur Vorsicht darauf hin, dass mit dem EKG keine Herzinfarkte entdeckt werden können.

Ob nun vermehrt Hypochonder die Praxen der Kardiologen aufsuchen oder aber ob die neue Funktion eher dabei hilft, bevorstehende Herzprobleme zu verhindern, wird sich zeigen müssen. Klar scheint: Apple wird in dieser Richtung weitermachen. Gerade in den USA steckt in Gesundheitsprodukten großes Potenzial.

Was man sich noch wünschen würde: Manche gut gemeinten Funktionen sollten noch mehr Daten einbeziehen. Dass etwa die Aktivitäts-App um 23.30 Uhr noch mahnt, die eingestellten Ziele zu erfüllen ("Du kannst es noch schaffen"), ist rechnerisch richtig, aber deplatziert. Dass die Uhr nachts bei jeder Bewegung leuchtet, tagsüber aber oft nur, wenn man kräftig mit dem Handgelenk wedelt, ist ein weiterer Schönheitsfehler. Schade auch, dass die Uhr nur mit iPhones kooperiert. Zudem ist die Bedienung gewöhnungsbedürftig.

Als Gesamtpaket ist die Apple Watch dennoch die beste ihrer Art, sie bietet die wohl am besten gelungene Mischung aus smarten Funktionen, Sport und Gesundheit.

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Quelle:
SZ vom 08.05.2019
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