Süddeutsche Zeitung

Brasiliens reichster Mann Eike Batista:Alles weg

Rennboot-Meisterschaften, Gold-Geschäfte, Playboy-Model als Ehefrau: Der flamboyante Multimilliardär Eike Batista stand für den Aufstieg der Wirtschaftsmacht Brasilien und war der siebtreichste Mensch der Erde. Dann begann sein beispielloser Fall. Wie er in zwei Jahren 33 Milliarden Dollar verlor.

Von Jannis Brühl

Sogar seine Haare wollten sie haben. Zur Transplantationsklinik in São Paulo kamen Brasilianer und bestellten die neue Frisur von dem, der es weiter gebracht hatte als jeder von ihnen: "Ich will das, was Eike gemacht hat. Ich will nicht einmal wissen, was es genau war."

Eike Batista wollte nicht nur Erfolg haben, er wollte ihn auch verkörpern. Er hat sich die Haare verpflanzen und die Augenlider straffen lassen. Er wurde reich, und viele Brasilianer mit ihm. Das sollte zumindest die Geschichte sein. Die einstige arme Kolonie Portugals wurde zum Boomland. Doch nun ist Batista plötzlich nicht mehr so reich. Und Brasiliens größte Erfolgsgeschichte nimmt ein böses Ende.

Sein Fall ist atemberaubend. Im Schwellenland Brasilien hatte Batista, schien es, alle Schwellen überschritten. Er besaß sechs börsennotierte Unternehmen. Er gewann einmal eine Meisterschaft im Schnellboot-Fahren. Er heiratete ein ehemaliges Playboy-Model. Die politische Elite Brasiliens zeigte sich gern mit ihrem erfolgreichsten Unternehmer. Batista besaß mehr als 34 Milliarden Dollar. Jetzt ist es nicht einmal mehr eine Milliarde.

Das Imperium des 56-Jährigen bricht derzeit zusammen. Am 1. Oktober konnte sein Ölkonzern OGX zum ersten Mal die Zinsen seiner Schulden nicht mehr abzahlen. Am Mittwoch meldete OGX Insolvenz an. Wird das Unternehmen nicht noch gerettet, wäre dies die größte Unternehmenspleite Lateinamerikas seit mehr als zwei Jahrzehnten.

Grund für den Niedergang ist, dass Batistas große Wette auf die gigantischen Mengen Öl vor Brasiliens Küste nicht aufging. Er wollte den Rohstoff im Campos Basin vor Rio mit OGX ausbeuten und sammelte auf der ganzen Welt Geld ein. Die großen Finanzfirmen der Welt wie Blackrock und Pimco, die Milliarden verwalten, glaubten an ihn. Sie kauften Millionen von OGX-Aktien und Anleihen. Nun sind sie aber keine Gläubigen Batistas mehr, sondern seine Gläubiger.

Batista hatte sich ohne wirkliche Erfahrung ins scheinbar vielversprechende Ölgeschäft gestürzt. Doch vor einem Jahr begann der Domino-Effekt: Die Anleger verloren das Vertrauen, zunächst in den Ölförderer OGX. Denn der musste irgendwann eingestehen, dass er das Öl im Meeresgrund gar nicht wirtschaftlich fördern konnte. Dann brachen auch die Kurse der anderen Unternehmen von Batista ein. Er hatte Investoren eine gute Geschichte erzählt. Gewinne konnte er ihnen zu wenige liefern. Die Kurse seiner Unternehmen brachen teils um mehr als 90 Prozent ein. Mit ihnen verdampfte der größte Teil seines Vermögens.

Eine gute Geschichte

Eike Fuhrken Batista da Silva wurde in Brasilien geboren, seine Mutter war Deutsche, der Vater zeitweise Brasiliens Energieminister. Bastista verbrachte in Düsseldorf einen Teil seiner Jugend. Schon damals, erzählte er gern, habe er von Gold geträumt. Als Goldhändler am Amazonas verdiente er auch sein erstes Geld, wirklich reich wurde er mit einem Minenkonzern. Im Jahr 2000 gründete er die EBX Holding, zu der auch OGX gehört. Zur EBX gehören fünf weitere Firmen, zuständig unter anderem für Erz, Logistik oder Strom.

Er brachte die Firmen an die Börse, eine nach der anderen. Der Glaube an gigantische Gewinne mit Brasiliens Rohstoffen trieb ihm Investoren zu. Die Aktienkurse seiner Firmen stiegen und stiegen. So verdiente Batista auf dem Papier Milliarde um Milliarde. Doch im Gegensatz zu seinen Träumen vom Amazonasgold blieb die Ankündigung seiner Traumgewinne aus Öl, "Hochmut und magisches Denken", wie das Magazin Businessweek schreibt. Die hohen Aktienkurse basierten demnach hautpsächlich auf versprochenen, nicht auf realen Gewinnen.

Die OGX-Aktie stand vor drei Jahren auf dem Kurs von 23 Reais. Heute sind es 0,17 Reais. Der Konzern muss nun innerhalb von 60 Tagen einen Restrukturierungsplan ausarbeiten, dem die Gläubiger wiederum binnen 30 Tagen zustimmen müssen. Batista versucht bis zuletzt, Geld aus seinen Unternehmen zu pressen. Noch am Dienstag verkaufte er Kohleminen in Kolumbien für 450 Millionen Dollar an die Yildirim-Holding aus der Türkei.

Noch vor zwei Jahren feierten ihn Medien als "Brasiliens Verkäufer", als "Brasiliens Dagobert Duck". Der siebtreichste Mann der Welt kündigte großspurig an, bald der reichste zu sein. Das wird nun nicht klappen, ob mit oder ohne neue Haare.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1808105
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/mri/bavo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.