Süddeutsche Zeitung

Falsche Rücktrittsankündigung:Russen provozieren BP

Jetzt macht auch noch Russland BP das Leben schwer: Der Kreml verkündet den Rücktritt von Konzernchef Hayward - der angeschlagene britische Konzern dementiert eiligst.

Wieder Wirbel um BP-Chef Tony Hayward. Sein Arbeitgeber musste Angaben der russischen Regierung dementieren, wonach der 53-Jährige zurücktreten wolle. Hayward werde weiter an der Spitze des Unternehmens stehen und plane keinen Rückzug, sagte eine BP-Sprecherin in London.

Russlands Vizeregierungschef Igor Setschin hatte laut russischen Medienberichten zuvor gesagt, Hayward werde "seinen Posten verlassen und einen Nachfolger vorstellen".

BP steht seit Wochen massiv in der Kritik, seitdem die von dem britischen Konzern betriebene Ölplattform Deepwater Horizon am 20. April im Golf von Mexiko vor der US-Küste explodierte und zwei Tage später sank. Seitdem strömen täglich Millionen Liter Öl ins Meer.

Krisenmanagement in der Kritik

BP war wegen seines Krisenmanagements massiv in die Kritik geraten. Der Einsatz vor Ort wurde immer wieder durch Pannen verzögert. Die Kosten für den Kampf gegen die Ölpest und ein sinkender Aktienkurs brachten BP auch wirtschaftlich in Bedrängnis. Hayward teilt sich das Ölpest-Krisenmanagement mittlerweile mit einem anderen Manager.

Hayward wird inzwischen in Russland erwartet, um dortige Sorgen über die Folgen der Ölpest im Golf von Mexiko zu zerstreuen. Hayward werde mit dem russischen Energie-Beauftragten Igor Setschin zusammenkommen, um bilaterale Projekte zu besprechen, sagte Setschins Sprecher.

BP wollte das Treffen nicht bestätigen. "Die Aktivitäten in Russland sind ein wichtiger Teil des Portfolios von BP und Tony Hayward unternimmt regelmäßig Geschäftsreisen nach Moskau", sagte ein Sprecher lediglich.

Gemischte Erfahrungen in Russland

BP betreibt in Russland unter anderem das Joint Venture TNK-BP. Ein Viertel des gesamten von BP geförderten Öls kommt aus Russland. Moskau forderte vergangene Woche Klarheit darüber, welche Folgen das Desaster im Golf von Mexiko für die BP-Geschäfte in Russland haben wird.

BP hat in Russland sehr gemischte Erfahrungen gemacht. Der britische Konzern stritt sich 2008 mit russischen Oligarchen so heftig über die Kontrolle des Joint Ventures, dass der damalige Chef des Tochterunternehmens Bob Dudley aus dem Land fliehen musste. Dieser hat inzwischen von Hayward die Aufsicht über die Bekämpfung der Ölpest übernommen.

Die Kosten für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko steigen für BP unterdessen rasant. In den vergangenen drei Tagen habe das Unternehmen 300 Millionen US-Dollar gezahlt, teilte BP mit.

Erstmals erreichten die Kosten pro Tag damit die 100-Millionen-Marke. Insgesamt hat der Konzern inzwischen für die Beseitigung der Umweltschäden, für Ausgleichszahlungen an Betroffene und die Rettungsmaßnahmen 2,65 Milliarden US-Dollar gezahlt.

Shell will an Tiefseebohrungen festhalten

Unterdessen machte BP-Konkurrent Shell klar, dass er trotz der Katastrophe grundsätzlich an Tiefseebohrungen festhalten will. Damit könnte auf den niederländisch-britischen Ölriesen ein Konflikt mit der US-Regierung zukommen, da Washington die riskante Offshore-Förderung vorläufig verbieten will. Konzern-Chef Peter Voser sagte in Kapstadt, wegen des Bevölkerungswachstums und der zunehmenden Energie-Nachfrage in den Entwicklungsländern sei dieser Förderweg unabdingbar. "Ich gehe davon aus, dass wir weitermachen werden, aber mit einigen Änderungen", sagte Voser.

Sein Unternehmen hätte das Loch im Golf von Mexiko auf andere Weise gebohrt als der Konkurrent BP, betonte er. Die Regierung in Washington versucht seit dem Unglück, ein Stopp von Tiefwasserbohrungen zu verhängen, scheitert damit aber bislang an den US-Gerichten.

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