Süddeutsche Zeitung

BP erklärt Projekt für gescheitert:Nabucco vor dem Aus

Mit der Pipeline verband sich eine Vision. Das Projekt sollte große Mengen Gas nach Europa liefern und die EU unabhängiger von Russland machen. Doch nun erklärt der Energiekonzern BP Nabucco für gescheitert.

Markus Balser, Berlin

Böse Schlappe für die Energiepolitik der Europäischen Union: Das von Brüssel unterstützte Pipeline-Riesenprojekt Nabucco um den deutschen Stromkonzern RWE ist offiziell gescheitert.

Der britische Energiekonzern BP, der über die Vergabe des 3300 Kilometer langen Pipelineprojekts mitentscheidet, wies die Option am Donnerstag zurück. "Wir haben das Angebot abgelehnt. Die Version der klassischen Nabucco-Pipeline ist vom Tisch", sagte der verantwortliche BP-Vorstand Iain Conn auf einer Energiekonferenz in Berlin. Damit enden abrupt die Hoffnungen um das größte und wichtigste Infrastrukturprojekt der Europäischen Union.

BP leitet ein Konsortium, das in den nächsten Jahren die Erschließung einer der größten Erdgasfelder der Erde vorantreibt. Das Feld Shah-Deniz in Aserbaidschan soll ab 2017 gigantische Mengen Gas liefern. Zu dem Förder-Konsortium gehört neben BP auch der norwegische Statoil-Konzern und die aserbaidschanische Firma Socar. Offen war bislang, wohin das Gas verkauft wird. Mit dem Bau von Nabucco war die Hoffnung verknüpft, das große Mengen dieses und weiterer Gasvorkommen aus der kaspischen Region nach Europa geliefert werden.

Die Absage gilt auch als schwerer Schlag für die Hoffnungen auf mehr Unabhängigkeit von Russland. Denn das Gas sollte vorbei am Riesenreich nach Westeuropa gelangen. Zwar soll weiter eine Pipeline aus dieser Region gebaut werden. Den Angaben von BP zufolge wird aber nur eine kleinere Lösung verfolgt, die nur noch 10 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr nach Europa transportiert. Bei Nabucco wären es etwa 30 Milliarden gewesen.

Die EU ist von der endgültigen Entscheidung offenbar überrascht worden. Michael Köhler, Kabinettschef von EU-Energiekommissar Günther Oettinger, betonte am Donnerstag, Brüssel favorisiere nach wie vor die große Lösung Nabucco. Nur sie verfüge über genügend Transportkapazitäten, um die gesamten Ressourcen der Region aufzunehmen.

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SZ vom 25.05.2012/fran
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