BP: Chefwechsel:Suche nach einer Zukunft

Tony Hayward hat bei BP ausgedient. Doch sein möglicher Nachfolger Robert Dudley wird vielleicht nur dort weitermachen, wo Hayward aufgehört hat.

Andreas Oldag

In Amerika ist BP-Chef Tony Hayward nur noch das hässliche "Gesicht der Ölpest" im Golf von Mexiko. Es war überfällig, dass sich der Aufsichtsrat des Ölkonzerns mit der Frage befasst, ob Hayward für das Unternehmen noch tragbar ist. Der 53-Jährige hatte vor allem durch flapsige Sprüche zu erkennen gegeben, dass er nicht zum Krisenmanager taugt. Sein Bekenntnis, er wolle sein Leben zurückhaben, während am Golf Fischer um ihre Existenz bangen, hat größte Chancen, zum PR-Flop des Jahres zu werden. Für BP geht es allerdings mit dem Führungswechsel um weit mehr als nur um eine Image-Aufbesserung.

Greenpeace activists protest against the British Petroleum (BP) oil spill in the Gulf of Mexico at the Austrian BP headquarters in Wiener Neustadt

BP schleppt eine Erblast von Managementversäumnissen mit sich herum - und tut wenig dafür, um das zu ändern.

(Foto: rtr)

Beste Aussichten, den drittgrößten Ölkonzern der Welt künftig zu führen, hat der amerikanische BP-Manager Robert Dudley, der schon jetzt die Aufräumarbeiten am Golf leitet. Seine Hauptaufgabe wird es sein, die Fehler zu korrigieren, die zu der Katastrophe geführt haben. Und gewiss reicht es nicht, bei künftigen Ölbohrungen ein paar zusätzliche Notabsperrschotte zu installieren.

BP schleppt eine Erblast von Managementversäumnissen mit sich herum. Ein Raffinerieunglück vor ein paar Jahren im US-Bundesstaat Texas machte deutlich, dass das Unternehmen Sicherheitsstandards systematisch vernachlässigt hatte. Offenbar auch, weil die Konzernspitze den Kontakt zu unteren Managementebenen verloren hatte. Auch Hayward ist es während seiner kurzen Amtszeit seit 2007 nicht gelungen, diese strukturellen Probleme in den Griff zu bekommen.

Die Konkurrenz versteckt sich

BPs Rivalen werden mit Argusaugen verfolgen, welche Konsequenzen ein neuer Konzernchef aus der Katastrophe zieht. Im Ölgeschäft wird mit harten Bandagen gekämpft wird. Eine mögliche Übernahme BPs erscheint zwar derzeit kaum realistisch, denn die Risiken sind wegen der unkalkulierbaren Entschädigungszahlungen für die Ölpest-Opfer zu groß. Doch Exxon-Mobil, Shell und Chevron werden nicht zögern, jede Schwäche des britischen Unternehmens auszunutzen. In den USA ist das Sündenbock-Spiel in vollem Gange. Die Katastrophe wird als ureigenes Versagen BPs hingestellt. Dahinter können sich die Konkurrenten bequem verstecken.

In Wahrheit geht es allerdings um ein systemisches Problem der gesamten Branche. Sie ist durch die Hybris getrieben, in die letzten Winkel der Erde vorzustoßen, um nach dem schwarzen Gold zu bohren. Es ist der Pioniergeist einer Ingenieur-Kaste, die meint, die Ölwelt beherrschen zu können. In den Anfangstagen des Ölzeitalters reichte es ja tatsächlich aus, ein Bohrgestänge in den Wüstensand zu rammen und abzuwarten, bis das Öl sprudelte. Doch die Welt ist komplizierter geworden. Die Erkenntnis, dass die natürlichen Ressourcen begrenzt sind, gehört ebenso dazu wie die Einsicht in die Fragilität der Umwelt.

Die Tonnen-Ideologie bleibt

Es ist ein industriepolitischer Anachronismus, dass unter den Ölkonzernen weiter eine Tonnen-Ideologie herrscht: Mit möglichst geringen Kosten soll möglichst viel aus der Erde herausgeholt werden. Der Golf von Mexiko ist nur eine Facette im globalen Rohstoffmonopoly. Auch vor den Küsten Brasiliens und Angolas haben die Multis gigantische Plattformen positioniert, um in immer größere Tiefen vorzustoßen. In Kanada werden ganze Landschaften umgepflügt, um Öl mit hohem Energieaufwand aus Sand herauszupressen. Die Risiken für die Umwelt sind unkalkulierbar.

Leider ist auch von Managern wie Robert Dudley in dieser Hinsicht kein Kurswechsel zu erwarten. Der Ingenieur ist viel zu sehr mit dem Ölgeschäft verwachsen. Die Entscheidung BPs, vor der libyschen Küste mit Tiefseebohrungen zu beginnen, wird auch seinen Segen haben. Das befriedigt die Gier der Ölverbraucher und auch die kurzfristigen Gewinninteressen des Unternehmens. Doch die großen Fragen nach Investitionen in saubere, alternative Energien und Ablösung fossiler Energieträger bleiben unbeantwortet. Aber vielleicht wäre damit jeder neue BP-Chef überfordert.

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