Bosch:Wird Bosch zum Kronzeugen in der Abgas-Affäre?

Bosch: Bei Bosch redet man zurzeit ungern über den Diesel.

Bei Bosch redet man zurzeit ungern über den Diesel.

(Foto: AFP)
  • Erst vor wenigen Tagen hat Verkehrsminister Dobrindt auf die wichtige Rolle des Autozulieferers bei der Aufklärung der Abgas-Affäre hingewiesen.
  • Doch bei Bosch schweigt man dazu bislang. Es wirkt, als entwickle sich das Unternehmen zu einem Kronzeugen.

Von Max Hägler, Stuttgart

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt gegen Bosch. Ihr Verdacht: Beihilfe zum Betrug im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat vor wenigen Tagen auf die herausgehobene Rolle des Autozulieferers bei der Aufklärung verwiesen. Und in den USA soll Bosch-Chef Volkmar Denner wegen vermeintlicher Beteiligung am großen Abgasbetrug verklagt werden. Viel Konfliktpotenzial.

Doch die Stuttgarter schweigen weiterhin. Bei der Bilanzpressekonferenz des größten Autozulieferers der Welt am Mittwoch war Diesel zwar schon Thema: man wolle ihn stärken, er sei ja ein vergleichsweise klimaschonender Energiespender. Aber die Untiefen dabei erklärt man nicht. Etwa den Einwurf von Dobrindt am vergangenen Freitag. Da hatte der Minister gegenüber Journalisten erklärt, Bosch habe einen Hinweis gegeben, dass die Abgasreinigung bei Fiat-Autos manipuliert sein könnte, bei Autos also, in denen auch Bosch-Technik verbaut ist. In der Manier der manipulierten Volkswagen-Motoren, in denen teils ebenfalls Steuerungen von Bosch stecken? Es klang bei Dobrindt so, als entwickle sich das Unternehmen gerade zu einem Kronzeugen.

Wie kam Dobrindt auf die Verbindung Fiat und Bosch?

Nun sagt Konzernchef Denner jedoch: Bosch habe gegenüber dem Ministerium "zu keinem Zeitpunkt" erklärt, dass Fiat eine unzulässige Abschalteinrichtung benutze. Grundsätzlich seien Schalter in der Abgastechnik notwendig. "Ob so ein Umschalten unzulässig eingesetzt wird, können wir nicht beurteilen."

Ja, aber wie kam Dobrindt auf die Verbindung von Fiat und Bosch? Es wirkt so, als ob Bosch den Beamten doch einiges darlegte, sich aber in einem schwierigen Spagat befindet: Auf der einen Seite ist da ein Hersteller, den man nicht denunzieren will, um weiterhin mit ihm Geschäfte zu machen. Auf der anderen Seite ist da das Streben, selbst einigermaßen unbeschadet herauszukommen aus der Misere.

Es löst sich an diesem Vormittag im neuen Bosch-Forschungscampus nahe Stuttgart nicht auf. Eine große Diskussion dazu wollen sie - natürlich - nicht zulassen. Es drohen Sanktionen - insgesamt 650 Millionen Euro hat Bosch derzeit für Rechtsstreitigkeiten zurückgestellt, auch für solche, die den Dieselskandal betreffen. Und dann ist da noch das Image des Diesels generell, das die Manager hochhalten wollen: Viel vom Umsatz (insgesamt 71 Milliarden Euro bei einem operativen Gewinn von 4,6 Milliarden Euro) setzen sie mit Dieselteilen um; 50 000 Mitarbeiter arbeiten in dem Bereich. Immerhin: Noch spüre man keine Auswirkungen bei der Nachfrage nach Dieseln, sagt Autoteile-Chef Rolf Bulander.

Kein Diesel, kein Konfliktpotenzial

Langfristig will Bosch sich aber von den Autoteilen emanzipieren, zumal von denen, die auf Verbrennertechnik beruhen. Einen Konzept-Car haben sie aufgebaut auf der Bühne, was zeigen soll, wie man in fünf oder zehn Jahren mithilfe von Bosch-Technik fährt, oder vielmehr wie man lebt. Das Auto werde "zum Begleiter", der Fahrer zum Passagier, sagt Denner. Er nimmt Platz in dem etwas fragil wirkenden Wagen, drückt seinen Daumen auf eine Fingerprint-Erkennung. Blitze rasen über allerlei Monitore, dann startete der Computer. In der folgenden Demonstration wechseln sich Denner und der Computer als Fahrer ab.

Während dieser virtuellen Fahrt klingelt es daheim an der virtuellen Haustür - und Denner kommuniziert mit seinem Postboten per Videoschalte ins Auto. Der intelligente Wagen schaltet sich mit dem intelligenten Haus zusammen, so erklären das die Schwaben, die im vergangenen Jahr 6,4 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert haben. Das Konzeptauto zeige zudem, wie die Grenzen zwischen Autobauern und Zulieferern aufweichten, sagt der Bosch-Chef und wirkt stolz. Zumal es mehr könne als Kitt, das Fantasieauto von Knight Rider, in dem in den Achtzigerjahren David Hasselhoff saß und die Welt rettete. Der zufriedene Blick von Denner in dem Moment könnte aber auch daran liegen, dass sein Konzept-Car elektrisch fährt. Kein Diesel also. Kein Konfliktpotenzial.

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