Süddeutsche Zeitung

Bosch:Kampfansage aus Schwaben

Der Zulieferer Bosch gibt sich selbstbewusst beim Bau von Roboterautos.

Von Max Hägler und Stefan Mayr, Stuttgart

Für schwäbische Verhältnisse ist diese kleine Spielerei geradezu revolutionär, weil sie so sinnlos ist, aber auch so selbstbewusst. In etlichen Büros und Laboren stehen derzeit kleine "Buzzer", Druckknöpfe wie man sie aus Rateshows im Fernsehen kennt. Wenn jemand einen der großen rote Knöpfe drückt, ertönt da: "Like a Bosch!" Es ist die Fortsetzung einer Image-Kampagne, die der Technologiekonzern jüngst in den USA begonnen hat. Dabei kocht, bügelt, fährt und mäht ein Hipster recht lässig und singt dazu ohne Unterlass: "Like a Bosch." Die Botschaft: Die Welt und das Leben sind verbunden durch das sogenannte Internet der Dinge - und das Beste davon kommt aus Schwaben, von Bosch, selbst in den USA.

Nun hat der Konzern schon immer so ungefähr alles angeboten, was an Technik auf der Straße und im Haushalt denkbar ist. Aber selten war man dabei so selbstsicher. Das mag mit den guten Geschäftszahlen zu tun haben, die Geschäftsführer Volkmar Denner und seine Kollegen am Dienstagabend vorstellten in ihrer vorläufigen Variante. Die Mitarbeiterzahl stieg auf den neuen Rekordwert von 410 000. Die Schwaben erwirtschafteten 2018 ein neues Rekordergebnis: Der operative Umsatz stieg um 1,2 Milliarden auf fast 78 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis lag wie im Vorjahr bei 5,3 Milliarden Euro. Fürs laufende Jahr gibt es noch keine genaue Umsatzprognose, zu unsicher seien die geopolitischen Fehlentwicklungen, erklärte Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer; immerhin strebt er ein gleichbleibendes Ergebnis an.

Unabhängig von Konjunkturdellen gilt: Wäre Bosch ein Aktienunternehmen, wäre es ein Schwergewicht im Dax. Doch die Schwaben sind im Besitz einer Stiftung und investieren den Gewinn fast komplett wieder in die Firma - bis auf einen kleinen Teil, der etwa in die eigene Klinik fließt.

Viel von dem Geld soll künftig investiert werden, um technischen Gegenständen so etwas wie Intelligenz einzuhauchen. Und zwar allen voran den Autos. Vier Milliarden Euro werde Bosch bis 2022 aufwenden, um die Automatisierung von Autos voranzutreiben, erklärte Denner. Die Summe soll helfen, dass die Autosparte so bedeutend bleibt wie bislang: 47 Milliarden Euro steuerten die Autoteile im vergangenen Jahr zum Umsatz bei, das machte Bosch zum größten Zulieferer der Welt. Roboterfahrzeuge würden der "Game Changer für die individuelle Mobilität" werden, sagt der oberste Bosch-Geschäftsführer. Gerade das Geschäftspotenzial von Shuttle-Diensten ohne Fahrer sei riesig, es gehe um 60 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren. Im Jahr 2025 sollen in Europa, den USA und China 2,5 Millionen Shuttle-Busse unterwegs sein, die Mehrzahl fahrerlos.

Derzeit liegt die Google-Tochter Waymo vorne beim automatisierten Fahren

Der mit Abstand erfolgreichste Entwickler solcher Fahrzeuge ist indes die Google-Tochter Waymo. Diese Firma habe das automatisierte Fahren entscheidend voran gebracht, sagt Denner. Aber er sei "zuversichtlich, dass wir eine Chance haben" beim Rennen um Roboterautos der sogenannten Stufe vier und fünf: "Wir können das gewinnen." Diese Wagen würden so komplex, dass sie für Privatleute kaum erschwinglich sein werden, glaubt Denner.

Google verfolge mit seinen riesigen Testflotten, die alle möglichen Verkehrsszenarien praktisch erlernten ein anderes Prinzip als Bosch mit seinem Partner Daimler. Das deutsche Duo setze mehr auf die Problemlösungskompetenz intelligenter Computer und die geübte Verbindung aus Sensoren und Fahrzeugteilen mit Software.

Derzeit entwickelt der Autozulieferer zusammen mit Daimler einen Roboter-Taxi-Service, der noch in diesem Jahr in San José in den USA den Testbetrieb aufnehmen soll. Bosch gibt sich dabei sehr selbstbewusst - und zugleich offen für weitere Partner. "Wir sprechen mit mehreren im Moment", sagt Denner. "Es gibt viele Interessenten." Es sei ein Gebot der Wirtschaftlichkeit, die hohen Kosten für die Entwicklung selbstfahrender Autos zu teilen - anstatt jeweils parallel vor sich hin zu tüfteln.

Eine wichtige Komponente der Robo-Autos ist die künstliche Intelligenz (KI) - und weil Bosch auch als Hersteller von Konsumgütern, Haustechnik und Industrie-Technologie auf KI setzt, sucht Denner nach vielen Experten für sein Unternehmen: Bis 2021 will er die Zahl der KI-Spezialisten von 1000 auf 4000 vervierfachen - während zugleich die Zahl der Diesel-Techniker wohl sinken wird. Insgesamt will Denner in den kommenden fünf Jahren 25 000 Software-Ingenieure einstellen: "Künstliche Intelligenz ist nicht nur für den Wandel der Mobilität eine Schlüsseltechnologie", sagt er und spricht von einer "technologischen, ökonomischen, sozialen und ethische Revolution", mit "Umwälzungskräften", die heute "noch schwer abzuschätzen" seien. Nur eines sei sicher: "Wir wollen in der KI zur Weltspitze gehören."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4310424
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.01.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.