Süddeutsche Zeitung

Boni:Managergehälter per Gesetz deckeln? Das kann nur schiefgehen!

Ja, die Gehälter vieler Vorstände müssen sinken. Ein Gesetz ist aber der falsche Weg. Und die Ideen der Politik sind teilweise sogar absurd.

Kommentar von Marc Beise

Die deutschen Manager können sich schon mal darauf einstellen, dass sie im Bundestagswahlkampf die Buhmänner der Nation sein werden. Sie arbeiten zu schlecht und verdienen zu viel. Nicht alle natürlich, aber doch so viele von ihnen, dass mittlerweile Politiker fast aller Parteien die Vorstandsbezüge dringend begrenzen wollen. Die Linkspartei fordert das schon lange, auch die Grünen und viele (nicht alle) Sozialdemokraten, und nun auch die CDU-Spitze in ihrem verzweifelten Bemühen, den voranstürmenden SPD-Kandidaten Martin Schulz nicht aus den Augen zu verlieren.

In der Union wächst die Bereitschaft, Gesetzesänderungen mitzutragen, wie sie die SPD schon lange fordert und wie sie Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) derzeit vorbereitet. Eventuell kann das sogar großkoalitionär noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden, dann hätte man das Thema im Wahlkampf von der Backe. Nun muss es einem um die Bosse nicht leidtun, es trifft ja sprichwörtlich keine Armen. Und an Warnungen hat es nicht gefehlt, der Selbstbedienung an der Spitze freiwillig einen Riegel vorzuschieben, ehe das der Gesetzgeber tun würde. Allzu lange hat man in der Wirtschaft diese Warnungen nicht ernst genommen.

Auf den ersten Blick kommt deshalb der Ruf nach dem Gesetzgeber gerade recht. Es kann nicht richtig sein, dass manche Vorstandsvorsitzende, ob sie gut oder schlecht arbeiten, im zweistelligen Millionenbereich pro Jahr verdienen und noch viel mehr Geld in die Rente mitnehmen. Dass die Chefs von Dax-Konzernen mittlerweile 60- oder gar 80-mal so viel verdienen wie normale Angestellte; ein Vielfaches früherer Relationen. Dass es jetzt schon als Erfolg gilt, dass bei VW die Vorstandsbezüge auf maximal zehn Millionen Euro pro Person gedeckelt werden sollen, nachdem kurz zuvor eine zurückgetretene Vorständin noch 13 Millionen Euro mitnehmen durfte.

Kaum jemand außerhalb der Gehaltselite will diese Zustände wirklich gutheißen, und selbst aus diesem Kreis wird - hinter vorgehaltener Hand - Unbehagen geäußert. Nur fragt es sich, wie man diese Exzesse gesetzlich abstellen will, ohne entscheidende Regeln des Wirtschaftslebens außer Kraft zu setzen.

Der Bundesjustizminister benennt unabsichtlich das Problem, wenn er sein Vorhaben so begründet: "Wenn Vergütungen und Boni in Milliardenhöhe gezahlt werden, obwohl Gewinne sinken oder Beschäftigte entlassen werden müssen, sorgt das zu Recht für Unverständnis und Ärger." Aber kann es nicht sein, dass gelegentlich Gewinne vorübergehend sinken müssen, um Jobs zu erhalten? Oder umgekehrt Entlassungen unvermeidlich sind, um das Unternehmen profitabel zu halten? Wer will das generell und allgemein verbindlich entscheiden: der Justizminister? Der Gesetzgeber? Die Öffentlichkeit?

Welchen Sinn hat überhaupt eine grundsätzliche Regel, wonach Gehälter nur noch bis zu einer bestimmten Summe als anständig angesehen werden und darüber hinaus nicht mehr: Kommt es nicht auf Branche und Unternehmen an? Vollends absurd wird es, wenn nun per Gesetz eine Obergrenze (von, sagen wir, 500 000 Euro) eingeführt werden soll, ab der Gehälter nicht mehr als Betriebsabgaben von der Steuer abgesetzt werden können. Das wäre ein klarer Verstoß gegen ein Kernprinzip des deutschen Steuerrechts: das Nettoprinzip.

Die erfolgreichen Kontrollmechanismen: Auge und Bauch

Das Nettoprinzip gründet auf eine einfache Formel: Besteuert wird der Gewinn, also Umsatz minus Kosten. Und nun also legt der Staat fest, welche Kosten anerkannt werden und welche nicht? Welche abzugsfähig sind und welche nicht? Dann kann er auch gleich regeln, ob nur noch bestimmte Dienstautos abzugsfähig sind (keine Opel, wenn Opel französisch wird?) und welche Handys (keine iPhones, wenn Apple in Irland zu wenig Steuern zahlt?). Und gilt die 500 000-Euro-Regel nur für raffgierige Manager, oder auch für unsere Lieblinge auf dem Fußballplatz? Das alles sind Fragen, die in einer freien Gesellschaft nicht der Staat entscheiden sollte.

Zumal die Selbstgestaltungskräfte der Wirtschaft auf längere Sicht größer sind, als man denkt - sogar bei diesem Thema: Es hat gedauert, ja, aber ausgerechnet jetzt, da die Politiker eingreifen wollen, werden in vielen Unternehmen bessere Gehalts- und Boni-Systeme entwickelt. Managergehälter gestutzt. Fragen Investoren kritisch nach. Ermahnen Manager ihre Kollegen, auf ihr Bauchgefühl zu achten und Augenmaß zu beweisen. Auge und Bauch: Das sind am Ende erfolgreichere Kontrollmechanismen als das Gesetz, das alles über einen Kamm schert und am Ende doch nur wieder neue Schlupflöcher schafft.

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Quelle:
SZ vom 16.02.2017/jps
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