Schmutzfinken Transocean und Halliburton:Als wäre nichts geschehen

Zehn Monate nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko geht es für die umstrittenen Plattformbetreiber wieder aufwärts. Denn der Aufruhr in Nordafrika ist gut fürs Geschäft - die Unruhen befeuern den Boom bei Offshore-Bohrungen.

Marlene Weiss

Nein, es war kein gutes Jahr für den Ölplattform-Betreiber Transocean. Daran lassen die jetzt veröffentlichten Zahlen für das Jahr 2010 keinen Zweifel. Mehr als eine Milliarde Dollar Wertminderung bei der Bohrinsel-Flotte musste abgeschrieben werden und ließ das operative Ergebnis des weltweit größten Offshore-Bohrunternehmens auf knapp 1,9 Milliarden sinken - nach 4,4 Milliarden im Vorjahr.

Jahresrückblick 2010 - Ölpest im Golf von Mexiko

Am 20. April 2010 fing die Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko Feuer. Als die Ölquelle zwei Monate später verchlossen werden konnte, waren etwa 780 Millionen Liter Öl ins Meer geflossen. Jetzt könnte es für den Betreiber Transocean wieder aufwärts gehen.

(Foto: dpa)

Doch das Blatt scheint sich bereits zu wenden. Die Konjunkturerholung und die Unruhen in Nordafrika treiben den Ölpreis in schwindelerregende Höhen, und Transocean blickt wieder optimistischer in die Zukunft. Die Analysten von Vontobel Research bewerteten die Transocean-Aktie trotz der schwachen Quartalszahlen weiter mit "hold".

Es sieht daher ganz danach aus, als könnte das vergangene Jahr bald vergessen sein. Für Transocean war es ein wahrer Albtraum: Gerade erst erholte sich das Unternehmen langsam von der Wirtschaftskrise, als am 20. April 2010 die Bohrinsel Deepwater Horizon Feuer fing. Zwei Tage später sank die Ölplattform auf den Grund des Golfs von Mexiko, und der Kurs der Transocean-Aktie ins Bodenlose.

Erst als das Bohrloch im vergangenen Sommer nach wochenlangem Kampf versiegelt werden konnte, stabilisierte sich die Notierung des Papiers bei knapp über 40 Dollar - noch im April 2010 waren es 92 Dollar gewesen, im Mai 2008, vor dem krisenbedingten Einbruch des Ölpreises, sogar 160 Dollar. Inzwischen steht die Aktie wieder bei 82 Dollar, Tendenz steigend.

Die Versicherung ersetzte die Plattform

Nachhaltig geschadet hat die größte Umweltkatastrophe dem Unternehmen bislang kaum, obwohl der im Januar veröffentlichte Bericht der US-Kommission zur Ölkrise den Transocean-Verantwortlichen erhebliche Schlamperei attestierte.

Für die zerstörte Plattform erhielt Transocean die volle Versicherungssumme von 560 Millionen Dollar, und bislang hat sich nur BP mit seinem 20 Milliarden Dollar schweren Entschädigungsfonds an den Kosten der Ölpest beteiligt. Allein die anhängige Klage der US-Regierung gegen Transocean und weitere BP-Partner belastet das Unternehmen noch, so dass die Kursentwicklung leicht hinter der Branchenkonkurrenz zurückblieb.

Es wird weitergebohrt

Noch besser hat der Zulieferer Halliburton die Ölpest im Golf von Mexiko überstanden. Der Konzern aus dem US-Bundesstaat Texas hatte den Zement für die Auskleidung des Bohrlochs geliefert, und ist laut dem Bericht der US-Expertenkommission ebenfalls mitverantwortlich für das Unglück. Finanzielle Konsequenzen hat der weltweit zweitgrößte Ausstatter und Dienstleister für die Ölindustrie jedoch bislang nicht zu befürchten, er blieb von der Zivilklage der US-Regierung ausgenommen.

Ölpest im Golf von Mexiko

Die Ölpest im Golf von Mexiko kostete Tausende Seevögel das Leben und BP eine Menge Geld - Halliburton wurde nicht belangt.

(Foto: dpa)

Bohrboom noch lange nicht vorbei

Und die jüngst veröffentlichten Bilanzzahlen von Halliburton könnten kaum besser sein: Der Gewinn stieg im vierten Quartal weiter um elf Prozent auf 5,16 Milliarden Dollar (3,8 Milliarden Euro), der Kurs der Halliburton-Aktie hat mit 48 Dollar fast wieder das Vorkrisenhoch von 52 Dollar erreicht. Während des Desasters im Golf von Mexiko war der Titel auf Werte von unter 20 Dollar gerutscht.

Die großen Ölkonzerne planen weitere Milliardeninvestitionen in der Exploration, sei es in China, Australien oder Alaska. Und auch in der Tiefsee ist der Bohrboom nach Ansicht von Experten noch lange nicht vorbei. Die aktuelle Krise in Nordafrika hilft den an Offshore-Bohrungen beteiligten Unternehmen zusätzlich - je höher der Ölpreis, desto schneller lohnen sich die teuren Tiefseebohrungen. So könnte es auch im Golf von Mexiko, mit 6000 Fördertürmen das wichtigste unter den Offshore-Fördergebieten, bald wieder heißen "Drill, Baby, drill".

Zwar müssen alle im Golf von Mexiko erteilten Bewilligungen für Bohrungen überprüft werden, nachdem US-Präsident Obama das Moratorium für Bohrungen im Oktober aufgehoben hatte. Doch im Januar hat das US-Innenministerium den ersten Ölkonzernen neue Bohrgenehmigungen in Aussicht gestellt, der US-Ölmulti Chevron etwa hofft, noch vor der Jahresmitte mit neuen Bohrungen beginnen zu können.

"Wir haben jahrelang sicher offshore gebohrt"

Und der Druck auf die US-Regierung steigt: In einem offenen Brief forderten sechs Kongressabgeordnete den US-Energieausschuss vor einigen Wochen dringend auf, sich mit der Erteilung neuer Genehmigungen zu beeilen: "Die zunehmende Instabilität im Nahen Osten bedroht unsere Versorgung, und wir importieren bereits den größten Teil unseres Öls aus Ländern, die unseren Interessen feindlich gesinnt sind", heißt es darin. "Wir haben jahrelang sicher offshore gebohrt."

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