Börsenweisheiten:In den Kurven lesen

Börsenspruch A. Kostolany

Teil zwölf der Serie: Was Kursverläufe Anlegern verraten können und was nicht.

Von Katharina Prechtl

An der Börse ist vor allem sicher, dass nichts sicher ist. Niemand kennt die Zukunft, daher müssen Anleger versuchen, aus den vorhandenen Informationen die für sich besten Investitionsmöglichkeiten zu finden. Eine wichtiger Anhaltspunkt sind dabei die Geschäftszahlen der Unternehmen. Viele Analysten versuchen zudem, aus den Kursverläufen von Aktien herauszulesen, wann ein guter Zeitpunkt sein könnte, die Papiere zu kaufen. Im Fachjargon wird das Charttechnik genannt. Der Börsenexperte André Kostolany hielt davon aber gar nichts: "Chartlesen", sagte er, "ist eine Wissenschaft, die vergebens sucht, was Wissen schafft." Sollten sich Investoren von den Prognosen der Chartanalyse also lieber fernhalten?

Anleger sollten sich nie allein auf die Informationen verlassen, die man angeblich aus Charts herauslesen kann. "Um sich ein Gesamtbild von der Lage an der Börse zu machen, sollte man verschiedene Wissensquellen nutzen. Dazu kann auch ein Blick auf die Kursverläufe gehören", sagt Rainer Schöllkopf, Fondsmanager bei Bayern Invest, dem Vermögensverwalter der BayernLB. Als Wissenschaft möchte er das Chartlesen aber nicht bezeichnen. "Es ist eine empirische Methode, aus der man die richtigen Schlüsse ziehen muss", sagt er. Schöllkopf hält jedoch nichts davon, mit zu viel Detailwissen zur Charttechnik den richtigen Kauf- oder Verkaufszeitpunkt exakt herleiten zu wollen. Nützlich seien Kursverläufe hingegen, um Trends zu bestimmen und mögliche Übertreibungsphasen an den Börsen zu identifizieren. Nun mag manchen Anlegern die Chartanalyse als ein einfaches Instrument erscheinen, um sich Informationen zu beschaffen. Der Börsenexperte von Bayern Invest rät aber, sich dabei stets bewusst zu machen, dass die Technik nur ein Hilfsmittel darstellt und es am Ende auf die wirtschaftlichen Rahmendaten ankommt. Wer zum Beispiel Ende 2017 beim Bitcoin einstieg, nur weil der Chart einen positiven Trend zeigte, habe viel Geld verlieren können. Panik und Gier könnten leicht dazu führen, dass Trends sich selbst verstärken. Die Chartanalyse werde dann "zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung". Wenn Unternehmensdaten und Kursverläufe nicht zusammenpassten, "sollte man ruhig auch mal abwarten, anstatt vorschnell zu handeln", sagt Anlageexperte Schöllkopf.

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