Börsengang:Alibaba und die drei Träumer

Börsengang: Alibabas Zentrale im ostchinesischen Hangzhou. Die Aktien des Unternehmens sind begehrt.

Alibabas Zentrale im ostchinesischen Hangzhou. Die Aktien des Unternehmens sind begehrt.

(Foto: AFP)

Alibaba geht an die Börse. Aber wie kommt man als Normalbürger an Aktien? Eine Bank auszurauben scheint leichter als das.

Von Harald Freiberger, Frankfurt, Marcel Grzanna, Peking, und Jürgen Schmieder, Los Angeles

Der Bankberater schaut einen an, als hätte man ihm gerade verkündet, diese Filiale im Stadtzentrum von Los Angeles ausrauben zu wollen. "Was wollen Sie?", fragt er ungläubig. Also muss der Kunde seine Wünsche wiederholen: so viele der 310,1 Millionen Alibaba-Aktien wie möglich, bevor diese von diesem Freitag an öffentlich gehandelt werden. Man möchte doch dabei sein beim vermutlich gewaltigsten Börsengang aller Zeiten. Und, nun ja, reich werden - schließlich könnte der Kurs ja auf das Doppelte des Ausgabewertes steigen.

Doch ganz so einfach ist es nicht, wie sich nicht nur in Los Angeles zeigt, sondern auch bei Kaufversuchen der SZ in Frankfurt und Peking. Alibaba und die sieben Räuber? Besser wäre der Titel: Alibaba und die drei Träumer.

Der Berater in Los Angeles hält einen Vortrag über die Grundzüge des Aktienhandels, er spricht über Depot, Portfolio und sogar über Bullen. Okay, nächster Versuch mit einem Jetzt-mal-unter-uns-Blick: Was muss ich tun, um zu den Glücksrittern des ersten Tages zu gehören? So von Profi zu Profi, gibt's denn kein Hintertürchen? Der Gesichtsausdruck des Bankers wechselt von überrascht zu mitleidig: "Einen extrem dicken Geldbeutel und gewaltige Kontakte. Haben Sie die Schlange der Investoren in New York nicht gesehen? Kennen Sie einen der Herrschaften persönlich? Dann könnte das klappen."

Also weiter an den Strand von Manhattan Beach, wo sich die Menschen zum Beach Tennis treffen, während der Pausen aber auch Geschäfte abschließen. Auch sie wirken verzweifelt, wenn es um Alibaba-Aktien geht. Sie präsentieren einem aber immerhin ein Hintertürchen: Man hätte in Yahoo oder Softbank investieren können, die zu 24 (Yahoo) und 37 (Softbank) Prozent an Alibaba beteiligt seien. Das wäre zu Beginn des Jahres eine wunderbare Idee gewesen, schließlich stieg die Yahoo-Aktie trotz ernüchternder Quartalszahlen seither um 43 Prozent, die von Softbank immerhin um 23. "Das könnte sich jetzt auch noch lohnen, wenn Alibaba tatsächlich durch die Decke geht", sagt einer.

Auch mit dem "Baba-Effekt" könnte man von dem Börsengang profitieren

Er präsentiert einem dann noch eine Möglichkeit, vom Börsengang der chinesischen Firma zu profitieren, "Baba-Effekt" nennt er das: "Wer Alibaba kaufen will, der braucht dringend Geld und verkauft deshalb andere Aktien derzeit womöglich unter Wert." Er verweist auf jüngste Kursverluste anderer Technologie-Aktien: Facebook, Google, Amazon, Priceline. "Das heißt aber nicht, dass sie wieder steigen, das Geld wandert eben gerade zu einem neuen Mitspieler." Na super!

Börsengang: Mit Alibaba dick ins Geschäft einsteigen? Gar nicht so leicht, wie der Selbstversuch zeigt.

Mit Alibaba dick ins Geschäft einsteigen? Gar nicht so leicht, wie der Selbstversuch zeigt.

(Foto: AP)

Es scheint tatsächlich so, dass es in diesen Tagen einfacher wäre, eine Bank in Los Angeles auszurauben als eine Aktie von Alibaba vor dem Börsengang zu bekommen.

In China gibt es Hintertürchen - wie immer

"Tut uns leid", heißt es auch bei einer deutschen Sparkasse. "Alibaba können Sie bei uns nicht zeichnen. Und wahrscheinlich in ganz Deutschland nicht." Das sei nur möglich, wenn eine Aktie in Deutschland gelistet ist. Bei Alibaba ist das aber nur in New York der Fall. Selbst die Deutsche Bank, die den Börsengang mit betreut, hat für deutsche Kunden keine Aktien übrig. "Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind nicht geschaffen, es gibt gar keinen deutschen Börsenprospekt."

Für Kunden, die unbedingt in den Genuss einer Alibaba-Aktie kommen wollen, hat ein Bankberater einen Tipp: "Nach der ersten Kursnotiz steht es jedem frei, die Aktie über die New Yorker Börse zu kaufen." Das sei bei jeder deutschen Bank möglich. Der Berater fügt aber auch hinzu: "Interessenten sollten nicht vergessen, ein Limit von zum Beispiel zehn Prozent über dem aktuellen Kurs anzugeben, ab dem sie die Aktie nicht mehr kaufen." Es könne nämlich sein, dass der Kurs ziemlich schwanke.

Und schließlich Peking: "Alibaba-Aktien? Natürlich nicht", sagt der Makler. Die Frage scheint ihm überflüssig. Denn chinesische Staatsbürger dürfen auf herkömmliche Weise keine Aktien kaufen, die in den USA gehandelt werden. Ausländer schon gar nicht. Die dürfen nicht einmal chinesische Aktien kaufen, selbst wenn sie in China leben - was sich jedoch bald ändert.

Aber es gibt ja Hintertürchen, wie immer in diesem Land. Chinesen haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie beteiligen sich über lizenzierte Fonds im Rahmen des Auslands-Investitionsprogramms oder sie wählen den Einstieg in die US-Börse über Maklerbüros außerhalb der Volksrepublik. Doch diese Option ist begrenzt. Eine Privatperson darf pro Jahr nicht mehr als den Gegenwert von 50 000 US-Dollar über die Landesgrenze transferieren.

Deswegen gibt es illegale Methoden. Dabei wird Kapital ohne Registrierung ins Ausland geschafft. Große Summen flossen so in den vergangenen Jahren in Immobilien auf der ganzen Welt. Und was bei Immobilien möglich ist, müsste auch mit Alibaba-Aktien gehen.

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