Börsengänge:Der Spac-Hype ist schon wieder vorbei

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Zegna-Werbung an der New Yorker Börse: Dem Modeunternehmen gelang mittels eines Spacs der Sprung an die Börse. (Foto: Spencer Platt/AFP)

Ein Promi-Banker nach dem anderen wollte zuletzt bei Spac-Börsengängen mitmischen. Doch dann kam ihnen der weltweite Börsenabsturz dazwischen. Zu den Profiteuren gehören nun andere.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Pläne sind hochtrabend, und wohl nicht ganz von ungefähr wählte Jean Pierre Mustier, zuvor Chef der Unicredit, den Namen Pegasus für sein neues Börsenvehikel: Das geflügelte Pferd aus der griechischen Mythologie gab den Namen und schmückt die Webseite, auf der natürlich auch ein Hinweis auf Mustiers erfolgreiche Restrukturierung der italienischen Großbank nicht fehlen darf. Mit Pegasus wollte Mustier wohl noch einmal unternehmerisch durchstarten, erst eine Börsenhülle aufsetzen und dann damit ein schnell wachsendes Finanzunternehmen kaufen.

Nun aber läuft Mustier womöglich die Zeit weg, wie zumindest die Financial Times unlängst konstatierte. Wenn Pegasus bis kommendes Frühjahr keine brauchbare Firma findet, muss Mustier das börsennotierte Vehikel wohl auflösen und seinen Anlegern das Geld zurückgeben. So sehen es die Regeln vor.

Mustier ist nicht der einzige Promi-Banker, der sich mit dem Börsenvehikel versucht hat. Das Akronym Spac steht für "Special Purpose Acquisition Company" oder auf Deutsch: Akquisitions-Zweckunternehmen und schien für Ex-Spitzenmanager nicht nur als zweiter Karriereweg interessant. Auch der frühere Commerzbank-Chef Martin Blessing, Ex-Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam oder Klaus Kleinfeld, ehemals Vorstandsvorsitzender von Siemens, mischen auf dem Markt mit.

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Zunächst einmal sind Spacs leere Hüllen, Beteiligungsgesellschaften, die bei Investoren viele hundert Millionen Euro einsammeln, obwohl sie zu Beginn gar kein eigenes Geschäft haben, oft nur drei bis vier Mitarbeiter, eine Webseite, dann aber ein Listing an der Börse. Im Gegenzug versprechen sie, in maximal zwei Jahren eine Firma zu kaufen, die unter den Mantel der Börsenhülle schlüpft und an deren Erfolg oder Misserfolg die Anleger dann teilhaben - im Idealfall können Investoren damit früh und günstig in ein junges Unternehmen investieren, bevor dieses später viele Milliarden wert ist. Zudem bekommen Anleger für ihr Geld Zinsen, solange die Spacs noch kein Übernahmeziel gefunden hatten, was zumindest in Zeiten von Negativzinsen interessant war. Sofern das Spac-Management eine unerwünschte Firma zur Übernahme vorschlägt, können die Anleger zudem dagegen stimmen und ihre Aktie ohne Verlust zurückgeben. Für die übernommenen Firmen indes sollte die Sache rasch und unkompliziert den Weg an die Börse ebnen. Dem italienischen Herrenausstatter Ermenegildo Zegna gelang so der Sprung an die New Yorker Börse.

Auf die Spac-Welle folgt die Abwicklungs-Welle

Das alles klang erst einmal gut, und tatsächlich gab es seit 2021 eine Welle von Spac-Börsengängen. Weltweit sammelten seit 2020 mehr als 600 Vehikel 270 Milliarden Dollar bei Anlegern ein. In Europa war es nur ein Bruchteil, aber auch hier kamen seit 2020 rund elf Milliarden Dollar zusammen.

Der weltweite Börsen-Absturz und das unsichere Wirtschaftsklima haben den Boom inzwischen beendet. Mit steigenden Zinsen fiel für Investoren auch der Vorteil weg, dass sie ihr Geld in Spac-Vehikeln vor Negativzinsen in Sicherheit bringen konnten. Es gibt andernorts lukrativere Verzinsungen. Hinzu kommt die strengere Regulierung durch die Börsenaufsicht SEC, die vor allem Privatanleger schützen will. Denn immer wieder kam es auch vor, dass Start-ups Investoren getäuscht haben.

Zuletzt ging nicht nur die Zahl der neuen Spacs rapide zurück, den vielen hundert bereits gelisteten Vehikeln läuft nun auch die Zeit weg: Sie müssen dringend Unternehmen finden, die ungefähr dem entsprechen, was sie versprochen haben und die zugleich verkaufswillige Eigentümer haben. Bei etwa der Hälfte der Spacs weltweit endet die Zweijahresfrist für eine Übernahme bereits in den nächsten zwölf Monaten. Laut Zahlen von Dealogic haben von 66 Spacs, die seit Anfang 2020 in Europa an die Börse gingen, nur dreizehn eine Firma gefunden, davon sind nur acht Deals auch abgeschlossen worden.

Weltgrößtes Spac gibt auf

Erst diese Woche gab sogar Bill Ackman, der Gründer des weltweit größten Spac die Suche nach einem Kaufobjekt auf: Er habe kein Unternehmen gefunden, das seinen Qualitäts- und Rendite-Kriterien entsprochen hätte, räumte der Hedgefonds-Manager ein. Er werde die eingesammelten vier Milliarden Dollar an die Investoren zurückgeben. Anderen gelang zwar eine Übernahme, etwa dem früheren Commerzbank-Chef Martin Blessing oder dem rührigen Profi-Investor Klaus Hommels. Blessing allerdings konnte statt eines Fintech nur eine Gaming-Firma vorweisen, und Hommels Ferienhausvermittler Hometogo verlor seit dem Börsengang vor einem Jahr fast 80 Prozent an Wert. Für die meisten Investoren dürften die Spacs kein gutes Investment gewesen sein, auch viele der Gründer haben wohl eher draufgezahlt.

Aber wie immer am Kapitalmarkt gab es auch Profiteure. Allen voran Investmentbanken wie Credit Suisse, Citigroup und Goldman Sachs haben Milliarden an der Beratung dazu verdient. "Spacs werden normale Börsengänge zwar nicht ersetzen", sagt Berthold Fürst von der Deutschen Bank. "Aber es wird sie als ein Instrument unter vielen weiter geben." Auch die Bundesregierung will Geschäfte mit den Börsenhüllen erleichtern.

Und vielleicht wird das "Mustier-Spac" Pegasus ja doch noch abheben. Zuletzt jedenfalls sind Bewertungen vieler Finanzfirmen so sehr gefallen, dass Mustier womöglich doch noch etwas Günstiges findet. Fragt sich nur, ob die Firmeninhaber dann auch noch bereit sind, ihr Geschäft an ein Spac zu verkaufen.

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