Eine Zeit lang sah es so aus, als ob der Börsengang des Sandalenherstellers Birkenstock ein Fehltritt gewesen wäre. Die Erstnotiz im vergangenen Oktober lag 13 Prozent unter dem Ausgabepreis. Von „Debakel“ und „Flop“ war schon die Rede. Es dauerte zwei Monate, bis der Kurs sein Ausgangsniveau wieder erreichte. Doch danach ging es steil bergauf. Zuletzt notierte die Aktie, angeheizt durch einen positiven Ausblick im Mai, mit 57 Euro zwei Drittel über ihrem Tiefstand.
Der indirekte Haupteigner Bernard Arnault, als Eigentümer des französischen Luxuskonzerns LVMH einer der reichsten Menschen der Welt, nutzt die positive Entwicklung nun, um einen Teil der Aktien zu verkaufen. Die Investmentgesellschaft L Catterton, die von LVMH dominiert wird, stößt knapp zehn Millionen Birkenstock-Aktien zum Preis von je gut 50 Euro ab und nimmt damit rund eine halbe Milliarde Euro ein. Der Anteil von L Catterton an Birkenstock verringert sich dadurch von 81,1 auf 73,2 Prozent. Weitere vier Millionen Aktien verkauften zum selben Preis die Manager und weitere Mitarbeiter von Birkenstock. Sie wollen damit vor allem die Steuern bezahlen, die durch den Bezug der Belegschaftsaktien angefallen waren.
Zwei Investmentbanken geben die Anteile vor allem an institutionelle Investoren wie Versicherungen und Vermögensverwalter weiter. Birkenstock-Chef Oliver Reichert erklärte, die Platzierung der Aktien sei „von den positiven Aussichten und den starken Zahlen“ gestützt worden. Sie sei eine Gelegenheit für das Unternehmen, die Investorenbasis zu verbreitern und die Liquidität der Aktie zu vergrößern. „L Catterton bleibt ein wichtiger strategischer Partner für unser Wachstum“, sagte Reichert.
Boris Becker hat geholfen, die Sandale zum „Must have“ der Hipster zu machen
Wie zu erwarten war, belastete es den Aktienkurs von Birkenstock, dass so viele Papiere auf den Markt geworfen wurden. Am Donnerstag lag er bei rund 50 Euro und damit 14 Prozent unter dem Höchststand wenige Tage zuvor. Die langfristigen Aussichten für das Unternehmen und damit die Aktie sind dennoch positiv. Der holprige Börsengang vor acht Monaten ist längst vergessen, aus heutiger Sicht hat Birkenstock alle Hoffnungen erfüllt, die Anleger in das Unternehmen gesetzt hatten. Die Marke hat es geschafft, zu einer weltweiten Mode-Ikone zu werden.
Der Weg ist erstaunlich, denn noch vor 40 Jahren galt Birkenstock als tranige Gesundheitssandale, die ausschließlich Krankenschwestern, Ökos und Hausfrauen trugen. Ab den 1990er-Jahren wurde sie zum Kult. Seinen Teil dazu trug Boris Becker bei, der beim Rückflug von den Australian Open, bei der er Nummer 1 der Welt wurde, die Sandalen anhatte – die Fotos gingen um die Welt. Ob Schauspielerin Jennifer Lawrence oder Ex-Präsidentengattin Michelle Obama – sie alle wurden schon in Birkenstocks gesehen. Ob in Los Angeles, Tokio oder Singapur – bei jungen Hipstern zählt die Sandale zu den Must haves. In Luxusgeschäften liegt sie heute neben Marken wie Manolo Blahnik oder Gucci aus. Es gibt auf der ganzen Welt wohl keine Marke, die den Spagat zwischen Luxus und Alltag so hinbekommt wie Birkenstock. Denn Hausfrauen, Hippies und Ökos tragen die Sandale mit dem gesunden Korkbett nach wie vor – heute allerdings, ohne gleich als solche identifiziert zu werden.