LuftfahrtBoeing ist bereit, weitere 1,1 Milliarden Dollar zu zahlen

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Boeing strebt einen neuen Vergleich mit dem US-Justizministerium an, um einen Strafprozess wegen der „737 MAX“-Abstürze zu verhindern und zahlt dafür 1,1 Milliarden Dollar.
Boeing strebt einen neuen Vergleich mit dem US-Justizministerium an, um einen Strafprozess wegen der „737 MAX“-Abstürze zu verhindern und zahlt dafür 1,1 Milliarden Dollar. (Foto: Elaine Thompson/Elaine Thompson/AP/dpa)

Boeing will einen Strafprozess wegen der „737 Max“-Abstürze unbedingt verhindern. Mit dem Justizministerium hat sich der Flugzeughersteller auf einen Deal geeinigt.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es ist fast sieben Jahre her, dass die erste von zwei Boeing 737 Max abgestürzt ist. Bei den Unfällen Ende 2018 und Anfang 2019 kamen insgesamt 346 Menschen ums Leben, im Wesentlichen, weil Boeing eine unausgereifte Steuersoftware in die damals neue Version der 737 eingebaut hatte. Die juristische Aufarbeitung ist noch immer nicht abgeschlossen und nimmt immer neue Wendungen.

Die neueste dreht sich um einen Vergleich zwischen der amerikanischen Regierung und dem Flugzeughersteller, durch den Boeing einen Strafprozess vermeiden würde. Der Einigung muss noch der zuständige texanische Richter Reed O’Connor zustimmen, was nicht sicher ist. Im Ergebnis erklärt sich Boeing dazu bereit, weitere 1,1 Milliarden Dollar zu zahlen. Davon gehen 444,5 Millionen in einen Fonds an die Hinterbliebenen der Opfer. 243 Millionen zahlt Boeing als zusätzliche Strafe und investiert 455 Millionen, um intern die Sicherheit durch Schulungen und neue Verfahren zu stärken.

Laut Justizministerium haben einige Opferfamilien den Deal begrüßt, andere haben ihn aber auch scharf kritisiert, weil Boeing damit strafrechtlich nicht verfolgt wird.

Zwei Tage vor Ablauf der Frist gab es einen erneuten Vorfall

Boeing hatte sich noch mit der Biden-Regierung erstmals auf einen Vergleich geeinigt und damit vermieden, strafrechtlich verfolgt zu werden. Unter anderem sah der damalige Vergleich ein Ethik-Programm und eine erste Zahlung von 500 Millionen Dollar an die Opfer vor. Er stand aber unter dem Vorbehalt, dass über einen definierten Zeitraum keine weiteren Sicherheitsspannen passierten. Zwei Tage vor Ablauf der Frist brach dann aber im Januar 2024 kurz nach dem Start wegen eines Produktionsfehlers ein Rumpfteil aus einer Boeing 737-9 der Alaska Airlines. Das Justizministerium befand, dass Boeing gegen die Auflagen verstoßen habe, und nahm das Strafverfahren wieder auf.

Daraufhin bekannte sich Boeing Mitte 2024 schuldig, die Regierung – konkreter die Aufsichtsbehörde Federal Aviation Administration (FAA) – bei der Flugsteuersoftware Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) bewusst betrogen zu haben. Es war ein weiterer Versuch, einen Strafprozess zu vermeiden, wieder inklusive hoher Investitionen in neue Programme für Sicherheit und Compliance. Doch O’Connor ließ den Vergleich platzen und setzte einen Strafprozess an, der im Juni starten sollte.

Das Justizministerium glaubt, der Vergleich sei „die gerechteste Lösung“ mit praktischen Vorteilen vor allem für die Familien der Opfer. Einige von ihnen haben aber schon angekündigt, gegen den Plan vorgehen zu wollen, und forderten O’Connor auf, ihn abzulehnen. Anwälte der Opfer schrieben dem Gericht, dass andere Angeklagte niemals einen solchen Vergleich bekommen würden und Boeing damit nicht für den Tod von 346 Menschen zur Verantwortung gezogen werden würde.

Seit dem Alaska-Airlines-Vorfall hat Boeing viel dafür getan, die Qualität in der Produktion zu verbessern, und berichtet, dass die Zahl der Mängel drastisch zurückgegangen sei. Allerdings hat die FAA immer noch die maximale Produktionsrate bei der 737 auf 38 Maschinen pro Monat begrenzt. Wenn Boeing mit dem Programm wieder Geld verdienen will, muss der Konzern deutlich mehr Flugzeuge bauen. Ob die FAA dies erlaubt, hängt von einem ganzen Katalog von Kriterien ab, bei dem Boeing höhere Qualitätsstandards nachweisen muss. Konzernchef Kelly Ortberg setzt darauf, dass sein Unternehmen spätestens 2026 die Produktion wieder deutlich ausweiten darf.

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