Bodenschätze:Der Mann, der den Rohstoffriesen Glencore führt

MOSCOW RUSSIA JANUARY 25 2017 Glencore International CEO Ivan Glasenberg looks on at a meeting

Ist mittlerweile ähnlich umstritten wie das Unternehmen, dem er vorsteht: Glencore-Vorstandschef Ivan Glasenberg

(Foto: imago/ITAR-TASS)

Der Ex-Leichtathlet Ivan Glasenberg schuf binnen eines Jahrzehnts einen der größten Rohstoff-Konzerne der Welt. Er gibt sich hart - doch seine Kritiker werden immer mehr.

Von Björn Finke

Der Mann hätte es fast zu den Olympischen Spielen geschafft. Das war 1984. Doch Ivan Glasenberg, in Südafrika mehrfacher Landesmeister im Gehen, musste zu Hause bleiben: Sein Land durfte wegen der Apartheid-Politik nicht an den Spielen teilnehmen. Dafür legte der gebürtige Johannesburger in jenem Jahr den Grundstein für eine der beeindruckendsten Karrieren der Wirtschaftswelt: Glasenberg fing beim umstrittenen Rohstoffhändler Marc Rich an, später übernahm er mit anderen Managern die Firma. Als Vorstandschef formte er daraus einen der größten Rohstoffkonzerne weltweit - Glencore. Glasenberg wurde Milliardär, sein Konglomerat fördert und verkauft mit 181 000 Beschäftigten mehr als 90 Rohstoffe. Dann plötzlich, im Jahr 2015, stand der erfolgsverwöhnte Herr der Minen und Handelsflotten vor der schwierigsten Krise seiner Laufbahn.

Glencore hatte zu viele Schulden, der Aktienkurs war im Keller, und die maue Weltkonjunktur und der Abschwung in China drückten auf die Rohstoffpreise. Darum passierte etwas Unerhörtes: Glasenberg, der selbstbewusste Macher, der gerne über vermeintliche Fehler seiner Rivalen lästert, musste klein beigeben. Besorgte Investoren zwangen den Manager zu einer peinlichen Kehrtwende.

Der 58-Jährige versprach, die Schulden bis Ende 2016 um 10,2 Milliarden Dollar zu senken - also um ein Drittel. Eine echte Rosskur für den Konzern, der steuersparend in Baar im Schweizer Kanton Zug sitzt.

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Mehr als nur schlechtes Timing

Hauptgrund für den Schuldenberg war die Fusion mit dem Minen-Unternehmen Xstrata im Jahr 2013. Das Geschäft hatte ein Volumen von 30 Milliarden Dollar - die größte Übernahme in der Geschichte der Rohstoffbranche. Kurz nach Abschluss des Deals musste der ausgebildete Wirtschaftsprüfer Glasenberg aber den Wert von Xstratas Minen in den Büchern um fast acht Milliarden Dollar verringern, weil die Rohstoffpreise gesunken waren. Ganz schlechtes Timing.

Den Zusammenschluss mit Xstrata präsentierte Glasenberg zunächst als Fusion unter ebenbürtigen Partnern, schnell übernahm jedoch das Glencore-Management die Führung der Gruppe. Der frühere Xstrata-Chef Mick Davis verließ das Unternehmen daraufhin und baute einen eigenen Minenkonzern auf.

Der Glencore-Börsengang war bis dato der größte in London

Glasenberg, der inzwischen Schweizer Staatsbürger ist, kämpft mit harten Bandagen. Vorstandschef von Glencore wurde er 2002, und in den Jahren darauf vergrößerte er sein Imperium mit einer Reihe von Übernahmen. Im Jahr 2011 führte er Glencore an die Börse - es war der bislang größte Börsengang am Finanzplatz London. Das Top-Management hält immer noch ein gutes Fünftel der Anteile, Glasenberg selbst 8,4 Prozent. Der zwischenzeitliche Kursverfall nach dem Börsengang ließ den Vater zweier Kinder Milliarden Dollar verlieren, zumindest auf dem Papier. Mittlerweile hat sich der Kurs wieder erholt, von dem Niveau aus 2011 ist er jedoch weit entfernt.

Doch Geld ist Glasenberg nach eigenen Angaben ohnehin nicht so wichtig: "Letztlich macht es keine Differenz, ob Ihr Vermögen eine Milliarde beträgt oder sechs", sagte er in einem seiner seltenen Interviews. "Mich spornt anderes an. Ich will der Beste sein in allem, was mir wichtig ist."

Geschäfte in Afrika weden scharf kritisiert

Kritiker werfen Glasenberg und Glencore vor, aus diesem Ehrgeiz heraus absolut rücksichtlos zu handeln. In der Schweiz etwa sorgte für Aufregung, dass der Konzern direkt nach dem Börsengang dank geschickter Konstruktionen keine Steuern zahlen musste. Dabei ist die Schweiz sonst eher ein Profiteur von Steuerflucht. Umweltschützer und Menschenrechts-Aktivisten werfen der Firma zudem vor, in Entwicklungsländern Geschäfte mit dubiosen Regimes zu tätigen. Glencores Minen brächten den Armen mehr Nach- als Vorteile, die Natur werde zerstört, heißt es.

Glasenberg reagiert empfindlich auf solche Anschuldigungen: "Uns kritisieren Leute, die noch nie vor Ort in unseren Minen in Afrika oder Südamerika waren", sagt er. "Was wir in Afrika tun, ist großartig." Glencore investiere Milliarden, baue Schulen und Krankenhäuser. "Wir zahlen Hunderte von Millionen Steuern und Lizenzgebühren in Afrika." Wenn Glasenberg Rat braucht in Sachen sozialer Verantwortung, muss er nur seine Tochter Fran anrufen. Die absolvierte an der New York University ein Master-Programm in Corporate Social Responsibility, also in ethischer Unternehmensführung. Nun arbeitet sie beim Kosmetikkonzern Estée Lauder.

Work-Life-Balance? Überbewertet, findet Gasenberg

In den Büros und Minen von Glencore selbst herrscht ein eher raues Klima. Dass seine Angestellten eine gute Work-Life-Balance haben, ein Leben neben dem Job, findet Glasenberg nach eigenem Bekunden nicht wichtig. Er heizt den Wettbewerb zwischen seinen Untergebenen an.

Doch bei aller Härte: Dem Drängen der Investoren, endlich die Schulden zu senken, konnte der Ehrgeizling nicht länger standhalten. Um die Zielmarke von zehn Milliarden Dollar zu erreichen, setzte Glencore 2015 die Dividendenzahlung aus, was allein 2,4 Milliarden Dollar einsparte. Zudem wurden zwei verlustbringende Kupferminen in Afrika nach dem Preisverfall fürs Erste stillgelegt. Außerdem gab Glencore für 2,5 Milliarden Dollar neue Aktien aus, was die Kurse wieder steigen ließ. Auch Glasenberg und die anderen Top-Manager gehörten zu den Käufern, damit ihr Anteil an dem Konzern nicht sinkt. Glasenberg allein investierte 210 Millionen Dollar in die Aktien. Geld ist ihm ja nicht wichtig.

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