Bochum:Hoffnung für Nokia-Mitarbeiter

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers macht den Nokia-Mitarbeitern Hoffnung: Er hält eine Rettung des Werkes immer noch für möglich. Indes beraten die Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung über nächste Schritte im Kampf gegen die Schließung.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hält der Zeitung Bild am Sonntag zufolge eine Rettung des Nokia-Werks in Bochum weiter für möglich. Wie die das Blatt vorab berichtete, haben sich Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), die Bochumer Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) und der Nokia-Gesamtbetriebsrat bei einem Treffen am Freitag auf den Erhalt des Standorts als oberstes gemeinsames Ziel festgelegt.

Rüttgers, Nokia, dpa

Ministerpräsident Rüttgers sieht noch eine Möglichkeit, das Nokia-Werk zu retten

(Foto: Foto: dpa)

Große Hoffnungen setze die Landesregierung dabei auf ein Treffen von Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) mit der Nokia-Spitze, berichtete die Zeitung. Der Konzern habe die Reaktionen in der deutschen Öffentlichkeit und den damit verbundenen Markenschaden völlig falsch eingeschätzt - und sei jetzt offenbar zur Zusammenarbeit bereit, heiße es in der Düsseldorfer Staatskanzlei.

Zur Stunde versammeln sich die Angestellten des Nokia-Werkes im Ruhrcongress zu einer Betriebsversammlung. Dort soll in einer nicht-öffentlichen Sitzung über nächste Schritte im Kampf um die 2300 festen Arbeitsplätze beraten werden.

Die Arbeitnehmervertreter wollen auch weiterhin nicht über Sozialpläne verhandeln, sondern treten für den Erhalt des Standorts ein. Zuletzt hatte der Betriebsrat dem Nokia-Management vorgeworfen, Personalkosten falsch zu berechnen. In Bochum trieben neben der Produktion die Mitarbeiter in der Entwicklung und im Service die Kosten in die Höhe.

Zuvor hatte das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium Vorwürfe gegen Nokia erhoben. Der Sprecher des Ministeriums, Joachim Neuser, sagte, der Konzern habe in den Jahren 2002 bis 2005 etwa 200 bis 400 Dauerarbeitsplätze weniger bereitgestellt als in den Subventionsbedingungen vereinbart. Die Fördermittel von 58 Millionen Euro waren an die Schaffung von 2860 Dauerarbeitsplätzen gebunden. Die rechtlichen Konsequenzen würden derzeit geprüft, sagte Neuser. Endgültige Zahlen sollen im Laufe der kommenden Woche vorliegen.

Nach einem Bericht des Magazins Focus prüft die Staatsanwaltschaft Bochum, ob sie Ermittlungen wegen Subventionsbetrug aufnimmt. Auch das Bundesforschungsministerium untersuche, ob es Fördermittel für Forschung und Entwicklung zurückfordern könne. Von 1998 bis 2007 hat Nokia dem Bericht zufolge hierfür insgesamt zehn Millionen Euro erhalten.

Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Gregor Gysi, hat in der Debatte um Fördergelder strenge Auflagen für Unternehmen gefordert. Er sehe keinen Grund, bei der Gewährung von Fördermitteln nur bestimmte Fristen zur Einhaltung von Auflagen zu vereinbaren, wie es bisher geschehen sei, sagte Gysi am Samstag als Gastredner des Parteitags der märkischen Linken im brandenburgischen Blossin. Vielmehr wäre es sinnvoll, kompromisslos festzuschreiben, dass die Unternehmen sämtliche Fördergelder zurückzahlen müssen, wenn sie ihre Standorte ins Ausland verlagern.

Der finnische Handy-Hersteller Nokia habe einen Rekordgewinn eingefahren und wolle zugleich sein Bochumer Werk nach Rumänien verlagern. Nun "verarsche" Nokia auch noch die Arbeiter in Bochum, indem er ihnen anbiete, mit nach Rumänien zu kommen, sagte Gysi.

Barroso zeigt sich solidarisch

Unterstützung erhalten die Nokia-Mitarbeiter nun auch von europäischer Seite: von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. "Ich verstehe die Sorgen der Beschäftigten, versichere ihnen unsere Solidarität", zitierte ihn die Bild am Sonntag. "Wo es erforderlich ist, helfen wir, zum Beispiel bei Umschulungen."

Barroso verwies darauf, dass Deutschland bis 2015 mehr als neun Milliarden Euro aus dem EU-Sozialfonds erhalten werde. Die Verlagerung des Nokia-Werks nach Rumänien werde nicht mit Geld aus Brüssel gefördert, betonte Barroso. "Der EU-Haushalt unterstützt keine Betriebsverlagerungen. Dieser Umzug erhält von uns keine Förderung." In Brüssel werde darauf geachtet, dass es keinen "unfairen Wettlauf um nationale Förderungen" gebe.

Zugleich nannte der portugiesische Kommissionspräsident Deutschland einen Gewinner der EU-Osterweiterung: "Die deutschen Exporte in die neuen EU-Länder sind von 17,5 Milliarden Euro 1994 auf 84,2 Milliarden Euro 2006 gestiegen", zitierte ihn die Zeitung. Der Exportüberschuss für Deutschland sei von 1,6 auf 12,8 Milliarden Euro gewachsen. "Die Erweiterung schafft Jobs - auch in Deutschland", sagte Barroso.

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