Süddeutsche Zeitung

BMW und die Familie Quandt:Flamme der Begeisterung

Wenn die Familie Quandt einen ihrer seltenen Auftritte hat, ist das allein schon fast eine Nachricht wert. Jetzt sprach Stefan Quandt öffentlich über seinen Vater, der einst BMW rettete.

Caspar Busse

Reden über den eigenen Vater sind gemeinhin nicht die leichtesten. Und so hatte Stefan Quandt an diesem Dienstag eine schwere Aufgabe. An historischer Stätte, in der alten Kongresshalle in München, trat er als Redner bei einem Festakt auf, der vor allem seinen 1982 verstorbenen Vater als großen Unternehmer feiern sollte. Viel Prominenz war erschienen, im Foyer servierten Hostessen in knappen und schrillen Kleidern aus den 60er Jahren, daneben stand ein Modell des legendären BMW 1500, eine Band spielte den Klassiker "Take five".

Auf den Tag genau vor 50 Jahren war Herbert Quandt beim Automobilhersteller BMW eingestiegen und bewahrte die Münchner damit vor der fast sicheren Übernahme durch den Konkurrenten Daimler-Benz. Quandt sanierte den angeschlagenen Konzern und erhöhte seinen Anteil schrittweise. Bis heute ist die Familie Quandt, eine der reichsten in Deutschland überhaupt, mit rund 47 Prozent an BMW beteiligt - und sichert damit auch die Unabhängigkeit.

Schon das Erscheinen von Stefan Quandt ist eine Nachricht. Denn der 44-jährige studierte Wirtschaftsingenieur taucht in der Öffentlichkeit noch seltener auf als seine Mutter Johanna Quandt oder seine Schwester Susanne Klatten, die übrigens beide am Dienstag in der erster Reihe neben ihm saßen. Keine Affären, keine Klatschpresse, nichts. Und so war die Rede von Stefan Quandt - dunkler Anzug, rote Krawatte - der erste große öffentliche Auftritt für BMW überhaupt. Jugendlich und zurückhaltend, fast ein wenig schüchtern wirkte er dabei.

"BMW ist eigenständig und selbstbestimmt, ein unabhängiger Hersteller mit einer starken finanziellen Basis", sagte Quandt, und das solle "nach dem gemeinsamen Willen aller auf lange Sicht" so bleiben. Dass die Familie ihr Anteile nie verkaufen würde, das sagte er freilich nicht. Es gibt halt keine uneingeschränkte Garantie, auch nicht bei Jubiläen.

Dafür erzählte er, dass die Rettung von BMW die unternehmerische Unabhängigkeitserklärung seines Vaters war, mit der Herbert aus dem Schatten seines Vaters heraustreten konnte. Und dass es seine Mutter Johanna war, nicht etwa sein Vater, die die "Flamme der Begeisterung für BMW" an ihn und seine Schwester weitergereicht hatte.

Fast schwang ein wenig Bitterkeit mit, als Stefan seinen Vater mit den Worten zitierte: "BMW ist mir ein Lieblingskind. Es gibt nun einmal Kinder, die einem stärker ans Herz wachsen, weil man sie krank übernommen und gesund hat pflegen müssen." BMW sei immer seine "besondere Liebe" gewesen. Für kritische Worte war da kein Platz, weder über BMW noch über seinen Vater.

1997 wurde Stefan Quandt mit 31 Jahren Mitglied des Aufsichtsrats - zusammen mit seiner Schwester. Es war eine harte Zeit, ein "Sprung in ziemlich kaltes Wasser". Das Rover-Abenteuer brachte BMW an den Rand des Ruins, schließlich wurde die britische Tochter abgestoßen. BMW-Chef Bernd Pischetsrieder stürzte, und fähige Manager verließen die Firma. Damals, so Stefan Quandt, habe er das Unternehmen schnell und intensiv kennengelernt.

Am meisten dankte er übrigens Eberhard von Kuenheim, dem langjährigen Vorstandsvorsitzenden und späteren Aufsichtsratschef: Er sei "ein großes Glück" gewesen, er habe "so unendlich viel" zur Bewahrung der Unabhängigkeit beigetragen. Als Stefan Quandt nach 20 Minuten zu Ende war, gab es viel Applaus - und er lächelte erleichtert.

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Quelle:
SZ vom 01.12.2010/hgn
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