Süddeutsche Zeitung

BMW:Und dann geht das Licht aus

Die Münchner wollen jetzt schneller Elektroautos bauen - und setzen weiter auf Verbrennungsmotoren

Von Max Hägler

Was wirklich zählt bei BMW, ist an diesem Vormittag in der BMW-Welt direkt zu spüren. Weil die großen Automessen dieser Welt nicht mehr so tragen, richtet der Autobauer seine eigene Show aus. In München fährt alles vor, was bald in den Läden stehen wird. Und das riecht erst einmal: Ein schnittiger M8 Coupe rauscht um die Kurve - und in der Luft bleibt der Benzingeruch hängen. Querführung und Verbrennerleistung, zusammengefasst in dem Werbespruch "Freude am Fahren", das ist schon noch das Entscheidende hier.

Aber zugleich versuchen die BMW-Manager immer deutlicher den Spagat: auch Elektromobilität, und zwar schneller als bislang geplant. Bis zum Jahr 2023 will man nun ein Dutzend rein elektrische Autos anbieten. In diesem Jahr soll in Großbritannien die Produktion des E-Mini starten, 2020 dann in China der vollelektrische BMW iX3 serienmäßig vom Band laufen.

Dazu kommen etliche Plug-in-Hybride, also Verbrenner mit kleinem Elektromotor. Gerne fahre er mit so einem Auto nach Hause, sagt BMW-Chef Harald Krüger halb im Scherz. Das sei so angenehm geräuschlos, da kriege keiner mit, wenn es spät wird bei ihm. Aber es sind nicht solche Vorteile, die bei BMW zur Beschleunigung des E-Programms führen, sagt er: "Das brauchen wir auch, damit wir die Ziele der Europäischen Union 2025 und 2030 erreichen." Mehr als 120 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer stoßen die Neuwagen derzeit im Schnitt aus, bald müssen es 95 Gramm sein. Das ist schwierig, schon ein paar Gramm Reduzierung seien "Welten" aus technischer Sicht. Das Ziel sei nur mit Hilfe der Elektromobilität zu erreichen - die bei der Messe nach den PS-Verbrennern ihren Auftritt hat: Ein halbes Dutzend weißer Modelle surrt heran. Es symbolisiert auch den derzeitigen Stellenwert: Mit den Autos lässt sich nicht so viel verdienen wie mit Verbrennern - und sie sind nicht so nachgefragt: 2,5 Millionen Autos hat BMW im vergangenen Jahr verkauft. Darunter waren nur 140 000 Fahrzeuge mit Elektro- oder Hybridmotor.

Der Umbau zur Elektromobilität sei eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, sagt Krüger. Es brauche Steueranreize, günstigere Strompreise und eine bessere Ladeinfrastruktur. Das habe er auch am Montagabend gesagt, als er mit Industriekollegen und Politikern zu einem "Autogipfel" in Berlin zusammengekommen war. Ein "gutes Meeting" sei das gewesen. Man habe verabredet, einen Masterplan zur Ladeinfrastruktur zu erstellen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dagegen kritisierte den Autogipfel und warf dem Bund schwere Versäumnisse vor. "Es ist schwer erträglich", sagte er mit Blick auf die Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Bis Ende September sollen Bundesregierung und der pensionierte Manager Henning Kagermann nun ein Konzept entwickeln. Wie dringlich es ist, führt BMW in München vor: Auf der Bühne wird ein E-Auto zum Laden verkabelt - und prompt geht das Licht aus. Eine Show-Einlage als Mahnung.

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Quelle:
SZ vom 26.06.2019
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