Süddeutsche Zeitung

BMW:Klimafragen

Auf der Hauptversammlung der Bayerischen Motoren-Werke setzt ein 18-Jähriger von "Fridays for Future" das Thema: Umwelt. Bei der Frage nach der richtigen Führung sind sich die Aktionäre nicht einig.

Von Max Hägler

So kann man sich auch Aufmerksamkeit verschaffen. Ein junger Mann tritt ans Mikrofon bei der Aktionärsversammlung des Autobauers BMW am Donnerstag in der Münchner Olympiahalle, als Ferdinand Klemm wird er angekündigt. Hager ist er, Vollbart, 18 Jahre - und sagt, dass er sich hier eigentlich fehl am Platze fühle, denn er habe gar keine Aktien. Und doch wolle er einige Minuten das Wort: "Weil hier die falschen Themen besprochen werden!"

Die Versammlung mache sich vor allem Gedanken über die Dividende (die zum Ärger etlicher Vorredner von vier Euro je Aktie auf 3,50 Euro gesunken ist), dabei gehe es doch um Wesentlicheres: Wo steht das Unternehmen im Jahr 2030? Und wie viele der Vorstandsmitglieder haben eigentlich den warnenden Klimareport der Wissenschaftlervereinigung IPCC gelesen?

Der Auftritt des Ferdinand Klemm ist der nächste Beleg, dass die neue Umweltschutzbewegung "Fridays for Future" nicht nur auf der Straße demonstrieren will, sondern im Kern der Macht. Am Dienstag sprach eine Vertreterin bei der Volkswagen-Hauptversammlung: "Was Sie hier tun, ist nicht genug!" Und jetzt steht Klemm in München und macht das Gleiche, in seinen Worten, vor den Mächtigen der Bayerischen Motoren-Werke und Hunderten Anteilseignern, mandatiert über den Dachverband der kritischen Aktionäre. "Aus großer Macht", sagt er, "folgt große Verantwortung." Und: "Wäre ich wirklich Aktionär", dann würde er sich Gedanken darüber machen, wie es der Welt und dem Unternehmen in 15 Jahren gehen werde, und nicht um die Ausschüttung im Jahr 2019 oder die drohende Kartellstrafe durch die EU-Kommission.

Im Saal applaudieren immerhin einige; Vorstandschef Harald Krüger - er war der einzige, der sich erkennbar anschickte, die Hand zu heben bei der Frage nach dem Klimabericht - und Aufsichtsratschef Norbert Reithofer hören aufmerksam zu. Als Klemm geendet hat, gratulieren ihm einige der Profiredner, die von Berufs wegen die Dividende im Blick haben müssen. Und Reithofer fällt aus dem Hauptversammlungs-Protokoll. Eigentlich werden bei solchen Treffen Fragen gesammelt und gebündelt nüchtern beantwortet. "Sie haben wichtige Themen angesprochen", sagt Reithofer dagegen, "die viele, nicht nur junge Menschen beschäftigen."

Er danke dafür. Tatsächlich ist das Thema Umwelt ein beherrschendes auf dieser Versammlung. Nicht nur vorgebracht von Klemm, sondern auch von den Profirednern. "Hand aufs Herz, Herr Krüger", fragt Winfried Mathes von Deka Investment: Werde BMW es schaffen, die strenger werdenden Emissionsziele der Europäischen Union einzuhalten? Und wie stelle BMW eigentlich sicher, dass die Menschenrechte eingehalten werden beim Abbau von Kobalt, einem Grundstoff von E-Auto-Batterien? Zu lange habe sich der Konzern auf einer Position der Stärke ausgeruht, kritisiert Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, auch deswegen habe der Aktienkurs so nachgegeben. "Ich erwarte eigentlich eine Modelloffensive, die Tesla vom Tisch bläst." Viele Aktionäre applaudieren nach diesen Worten. Bei der Elektromobilität vermischen sich die Themen, die BMW umtreiben: Was ist die richtige Technik und welche Führung braucht es? Die dazu gehörige interne Debatte, wer demnächst BMW leiten soll, ob es weiter Krüger sein soll oder doch ein anderer, wird in diesem Saal nicht direkt verhandelt. Auch weil der amtierende Chef eine starke, selbstbewusste Eingangsrede gehalten hat, Titel: "Haltung zeigen, voran gehen!" Eine Leistungsbilanz als klares Signal an seine Kritiker. Und doch liegt die Frage in der Luft: Ist der vermittelnde Krüger der passende Chef im Moment oder brauchen die BMWler wieder einen harten Entscheider? Die Analysten sind da geteilter Meinung. Wenn Krüger bereit stünde, könne man seinen Vertrag auf jeden Fall verlängern, sagt Daniel Bauer, Vorstandsvorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger; Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung der Institutionellen Privatanleger sieht es ähnlich. Janne Werning von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, ist da kritischer. "Die Strategie der ruhigen Hand, die BMW derzeit verfolgt, ist aus Sicht des Kapitalmarkts nicht die passende Antwort auf die drängenden Probleme des Autosektors." Es fallen Worte wie zaghaft, kraftlos und mutlos. "Wir wünschen uns mehr eigene Akzente", heißt es von ihm an die Adresse des BMW-Vorstandschefs, "und mehr Sichtbarkeit am Kapitalmarkt von Ihnen". Übrigens auch und gerade bei Fragen der Umwelt. Denn der Beitrag von BMW zum Klimaschutz sei nicht ausreichend.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2019
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