Süddeutsche Zeitung

BMW-Aktionärsversammlung:Zweifel an der Strategie

Der Autobauer BMW hat seine Aktionärsversammlung erneut ins Internet verlegt. Eine Debatte kommt so nicht zustande, dennoch kommen die entscheidenden Fragen zur Sprache.

Von Max Hägler

Viele Aktionärsvertreter sind sich mittlerweile einig: Virtuelle Hauptversammlungen hatten ihre Berechtigung in der Pandemie, aber sind nur ein unzulänglicher Notbehelf. Denn es ist keine Debatte möglich, keine Kritik, wenn wirklich alles in Händen des Unternehmens liegt. Auch beim Fahrzeugbauer BMW setzen sie immer noch auf die Video-Lösung, bei der sie die Regie haben, weil Fragen vor allem vorab schriftlich eingereicht werden. Zudem spart das auch noch viel Geld. Und doch gelang einem Investorenvertreter bei der diesjährigen Aktionärsversammlung am Mittwoch eine fulminante Kritik.

Gleich nach den Eingangsreden des Unternehmensmanagements wurde Andreas von Angerer ins Bild geschaltet, ein Manager einer Investmentfirma namens Inyova. Ob das live war oder nicht und wie er sich durchgesetzt hatte, blieb unklar. Seine Botschaft hatte es jedenfalls in sich: "BMW muss jetzt die Weichen für die Zukunft stellen, um nicht zum Blackberry der Automobilindustrie zu werden." Blackberry war einmal ein weltweit geachteter Pionier für Handys mit Miniaturtastatur - bis der Hersteller von den Wisch-Telefonen an den Rand der Bedeutungslosigkeit gedrängt wurde. Genau solch ein Schicksal drohe BMW, weil das Unternehmen bei "klimaschädlichen Brückentechnologien" verharre, allen voran der Vorstandsvorsitzende Oliver Zipse, der gegen ein rasches Verbrenner-Aus lobbyiere. So löblich manche Klimaschutzinitiativen seien, sagte von Angerer, letztlich arbeite BMW nicht konsequent nachhaltig, sei nicht wirklich führend im Umweltschutz und das berge "erhebliche Risiken" - bis hin zum Blackberry-Schicksal.

Es ist keine Einzelmeinung, sondern das große Thema bei BMW derzeit: Fehlt dem einstigen Pionier der Elektromobilität mittlerweile die Entschiedenheit? Vorstandschef Oliver Zipse bestreitet das vehement, wiederholt ein ums andere Mal: Das Unternehmen bringe zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Produkte und Technologien in den Markt.

Doch auch Janne Werning von Union Investment hat so seine Zweifel an der Strategie: Eigentlich seien die Münchner besser in der Nachhaltigkeit als Mercedes oder VW. ·Doch das sei kein Grund, sich auszuruhen, so Werning: "Machen Sie Ernst und Tempo bei der CO₂-Reduktion!" Und er weist auf eine gewisse Inkonsistenz bei BMW hin: "BMW will das grünste Elektroauto der Welt bauen, das 2,5 Tonnen schwer sein wird. Wie passt das Gewicht mit dem Anspruch zusammen?" Auch das waren relevante Wortbeiträge, doch die waren nur schriftlich eingereicht, wie etliche andere auch. Zur Debatte wurden sie nicht und eben auch nicht die Grundfrage: Ist das nicht alles zu konservativ, zu gestrig ist, was der Autobauer da plant? Mit einem Ausstieg aus den immer noch lukrativeren Verbrennern womöglich erst im Jahr 2050, viel später als die Konkurrenz.

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