BMW-Hauptversammlung:Reithofer geht und bleibt

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Norbert Reithofer spricht auf der BMW-Hauptversammlung. Er geht zwar als Chef - bleibt aber wichtig für das Unternehmen. (Foto: dpa)
  • Der Wechsel ist seit Langem vorbereitet: Norbert Reithofer geht als BMW-Chef und ist nun Vorsitzender des Kontrollgremiums. Zum neuen Chef wurde Harald Krüger gewählt.
  • Die Aktionäre kritisieren, dass Reithofer so schnell in den Aufsichtsrat wechselt - schließlich verlangen die Regeln guter Unternehmensführung eine sogenannte "Abkühlungsphase".
  • Allerdings fällt Widerstand schwer, weil der Konzern enorm erfolgreich ist, die Strategie von BMW also anscheinend aufgeht.

Von Thomas Fromm

Der diskrete Milliardär begibt sich aufs Podium

Es passiert nur sehr selten, dass der BMW-Großaktionär Stefan Quandt auf ein Podium steigt und spricht. Die Quandts sind eine Familie, die im Stillen arbeitet, von deren Mitgliedern man selten etwas hört - wohl auch, weil sie sich nicht täglich in die Geschäfte ihres Konzerns einmischen. Die Quandts, das sind zwar Milliardäre. Aber eben diskrete Milliardäre.

Es ist deshalb schon etwas Besonderes, wenn Stefan Quandt ausgerechnet heute, am Tag der Konzern-Hauptversammlung, öffentlich das Wort ergreift: Er spricht über seine Firma.

Es ist der Tag des Stabwechsels. BMW-Chef Norbert Reithofer geht an diesem Mittwoch nach fast neun Jahren und wird Aufsichtsratsvorsitzender. Sein 49-jähriger Kollege Harald Krüger wird heute zum neuen Konzernchef gewählt.

Beginnt wirklich eine neue Zeit?

Es ist ein Wechsel, der seit langem erwartet, seit langem vorbereitet ist, ein Generationenwechsel sogar, und Quandt sagt: "Heute beginnt eine neue Zeitrechnung ." Ein großer Satz, aber: Ist es wirklich so? Beginnt eine neue Zeit? Kann man überhaupt von einer neuen Zeitrechnung sprechen, wenn der alte Vorstandschef an die Spitze des Aufsichtsrates wechselt?

Die Aktionäre kritisieren das, aber sie tun sich damit schwer. Denn dem Konzern geht es gut wie nie. Rekordabsatz, Rekordgewinn, über zwei Millionen verkaufte Autos. Gäbe es nicht diesen einen, aber wichtigen Schönheitsfehler: Die Regeln für eine gute Unternehmensführung (Corporate Governance) verlangen für den Wechsel vom Konzern- zum Aufsichtsratschef eine sogenannte "Abkühlphase" von zwei Jahren. Eine Pause, die die nötige Distanz bringen soll. Die verhindert, dass der, der gerade jahrelang den Konzern geführt hat, dem Neuen zu sehr ins Geschäft hineinredet. Denn, so ist es nun mal: Vor allem am Anfang kontrolliert der neue Aufsichtsratschef erst mal das, was er selbst vorher als Vorstandschef auf den Weg gebracht hat. Er kontrolliert sozusagen seine eigene Arbeit.

Neuer BMW-Chef Krüger
:Der Auserwählte

Bei BMW muss man sich als Chef zurücknehmen können, selbstbeherrscht sein. Harald Krüger kann das. Darum wird nun auch er den Münchner Konzern führen. Sein Konkurrent geht zu VW.

Von Thomas Fromm

"Dieser schnelle Wechsel geht gar nicht"

Reithofer selbst sagt kurz vor der Hauptversammlung, dass er sich "nicht ändern" werde. Er lacht dabei. Was auf den 58-Jährigen jetzt zukommt, ist nicht mehr das tägliche Klein-klein des Vorstandschefs. Dafür geht es nun ums große Ganze. Und Krüger, der Neue und Jüngere, wird einen Aufsichtsratschef haben, der sich genau auskennt. Und mitredet.

Die Aktionärsvertreterin Daniela Bergdolt von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) steht kurz vor der Hauptversammlung im Saal und sagt, was sie davon hält: nichts. "Dieser schnelle Wechsel geht gar nicht, das ist ein Unding", meint sie. Da weiß sie natürlich schon, dass sie es gar nicht verhindern kann: Die Wahl Reithofers in den Aufsichtsrat gilt als sicher, denn im Grunde ist BMW eine Art großes Familienunternehmen: Etwa 47 Prozent der Aktien gehören der Quandt-Familie. "Was wollen Sie machen", sagt Bergdolt. "Es ist ein bisschen wie mit einer Wasserpistole auf einen Elefanten schießen."

Was sollen die Aktionäre schon sagen? BMW ist enorm erfolgreich

Joachim Milberg heißt der Mann, der nun für Reithofer den Platz an der Aufsichtsratsspitze räumt. Er erklärt, warum man Reithofer gar nicht abkühlen will: Es gehe um die "profunden Kenntnisse und Erfahrungen" des langjährigen Vorstands. "Wir sollten den richtigen Nachfolger für mich an Bord behalten", sagt er. Viele Aktionäre klatschen. Bergdolt klatscht nicht.

Sie hört Reithofers Abschiedsrede zu. Es sind mehr als eine paar Worte zum Abschied, es ist eine Art Programm für den Nachfolger. Der scheidende Chef lobt das Erreichte - also sich selbst - spricht über Zukunftstechnologien wie selbstfahrende Autos, die Elektroauto-Offensive des Konzerns und er fordert die Politik auf, mehr für die E-Mobilität im Lande zu tun.

Dann macht er das, was er oft macht: Er warnt vor den wirtschaftlichen Risiken in der Welt. "Solide Planung von heute kann schon morgen Makulatur sein." Die Warnung geht an die Aktionäre, aber auch an Krüger: Pass auf, Kollege, da kommt noch einiges auf Dich, auf uns, zu. Der Investment-Manager Ingo Speich sagt es später so: "Bei einem sofortigen Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrates können Sie nicht unbefangen und neutral über das wachen, was Sie selbst geschaffen haben. Und Sie machen es für Herrn Krüger sogar noch schwerer, aus Ihrem Schatten zu treten."

Am Ende wird Daniela Bergdolt für Reithofers Wechsel in den Aufsichtsrat stimmen. Mit Magengrummen zwar, schließlich habe sie sich "mit diesem Weg sehr schwer getan". Aber, so ist das manchmal im Verhältnis zwischen Konzernen und ihren Aktionären: Reithofer sei eben doch ein erfolgreicher Chef gewesen. Oder, anders gesagt: Der Aktienkurs ist in den vergangenen Jahren kräftig nach oben gegangen.

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