Süddeutsche Zeitung

Autoindustrie:Das Zahlenwunder bei BMW

Beinahe die ganze Autoindustrie klagt über die Chipkrise. Bis auf den Autobauer aus München. Der macht weiter gute Geschäfte.

Von Max Hägler

Die Bayerischen Motoren-Werke unter Führung des Vorstandsvorsitzenden Oliver Zipse bleiben sich treu in ihrem Selbstbewusstsein auch in schwierigeren Zeiten: Während die halbe Autoindustrie mal wieder in Unruhe ist, weil Computerchips fehlen und deshalb andauernd Bänder still stehen und Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, heißt es in München: Krise? Welche Krise? Oder wie es Zipse ausdrückt: Dieses Wort wolle man bei BMW "vermeiden". Denn Krise, so der Vorstandschef bei einem Journalistengespräch anlässlich der Herbstzahlen, impliziere, dass man nicht mehr wisse, was man tun solle. "Das ist bei uns überhaupt nicht der Fall!" So ähnlich war die Haltung auch schon in Corona-Zeiten im vergangenen Jahr.

Nun hat die schleppende Versorgung mit den sogenannten Halbleitern zwar auch Auswirkungen auf BMW, so wurde zuletzt die Fertigung im Münchner Stammwerk gedrosselt und auch anderswo ruht die Arbeit immer mal wieder für einige Tage. Etwa ein Zehntel weniger Fahrzeuge als im Vorjahr verlässt derzeit die Werke. Doch die Konkurrenz ist schlimmer dran, sie baut teilweise ein Drittel weniger (Daimler) oder hat Werke bis zum Jahreswechsel stillgelegt (Opel). Es zahle sich jetzt aus, sagte Zipse, dass man mit seinen Zulieferern stets fair umgehe. Tatsächlich gilt BMW im europäischen Vergleich als einigermaßen moderater Kostendrücker beim Einkauf.

Zugleich ist Bemerkenswertes zu beobachten: Nach neun Monaten hat der Autokonzern "neue Bestwerte" bei Auslieferungen, Umsatzerlösen und Konzernergebnis erzielt. Mit 1,932 Millionen verkauften Autos, 83 Milliarden Euro Umsatz und einem Ergebnis von 13,2 Milliarden Euro vor Steuern. "Für 2021 bestätigen wir unsere erhöhte Jahresprognose", sagte Zipse und kündigte an, dass BMW mindestens zehn Prozent Umsatzrendite schaffen werde. Das alles ergibt in der Autobranche einen der vordersten Plätze beim Kreditrating.

BMW geht einen anderen Weg als die deutsche Premiumkonkurrenz

Die Mechanik des Zahlenwunders ist recht simpel: Die Kunden fragen derzeit BMW-Fahrzeuge sehr stark nach - doch die sind knapp. Und so können die neuwertigen und auch die gebrauchten zu guten Preisen verkauft werden, zumal die sehr teuren - also auch sehr profitablen - bevorzugt gefertigt werden.

Gilt also für BMW: Die Chipkrise ist eigentlich ganz fein und könnte ruhig noch länger dauern? Da widerspricht Finanzchef Nicolas Peter dann doch energisch. Das sei "definitiv" nicht der Fall, denn Kunden müssten nun länger warten, die Aufträge stauten sich. Und die "bessere Preisdurchsetzung" hätten sie ja bereits vor der Chip-Krise eingeleitet. Kurzum: "Die Formel ist nicht weniger Absatz, mehr Ergebnis." Denn eigentlich wolle man ja wachsen beim Absatz.

Dabei geht BMW einen anderen Weg als die deutsche Premiumkonkurrenz. Zwar führen die Münchner gerade neue E-Modelle ein, den i4 und den iX etwa; aber der extrem nachgefragte i3 geht dem Ende entgegen und hat keinen direkten Nachfolger. Und anders als Audi und Daimler hat BMW kein Datum für einen Verbrennerausstieg verkündet. Man wolle alle Weltmärkte bedienen, und es gebe nicht überall den passenden Rahmen für Elektroautos, sagte Zipse. Selbst in Europa tue man sich ja schwer mit der Ladeinfrastruktur.

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