Bluttests:Umstrittene Aufsteigerin

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Elizabeth Holmes war erst 19 Jahre jung, als sie im Jahre 2003 ihre Firma Theranos gründete. (Foto: Jeff Chiu/AP)

Die 31-jährige Amerikanerin Elizabeth Holmes reüssiert mit Bluttests, doch mittlerweile gibt es Zweifel an ihren Produkten. Bisher wurde sie als weiblicher Steve Jobs gefeiert, sie ist bereits 4,5 Milliarden Dollar schwer.

Von Kathrin Werner, New York

Keine Frau vor ihr hat so jung so viel Geld verdient: Elizabeth Holmes, 31 Jahre alt, ist 4,5 Milliarden Dollar schwer. Das Magazin Time hat sie zu einem der 100 mächtigsten Menschen der Welt gewählt. US-Präsident Barack Obama ernannte sie zur "Botschafterin für globales Unternehmertum". Sie hat beim World Economic Forum in Davos gesprochen und sitzt im Beirat der Harvard Medical School. Sie war auf dem Titel des Wirtschaftshefts Fortune, und das Magazin Glamour hat sie gerade zu einer der wichtigsten Frauen des Jahres gewählt.

Holmes war lange eine gute Geschichte, die zur Legende des Silicon Valleys passt: eine junge Frau, die mit Hightech die Menschheit heilen will. Die Uni hat sie abgebrochen, ebenso wie andere große Gründer: Bill Gates, Steve Jobs, Mark Zuckerberg. Sie hat ein paar Spleens, die ins Bild der ulkig-verrückten Erfinderin passen: wie weiland Apple-Gründer Jobs, trägt sie stets schwarze Rollkragenpullis, sie besitzt 150 Stück, sie ist Veganerin und lebt fast nur von Gemüsesäften. Sie hat keinen Fernseher, eine winzige Wohnung, sie geht nicht aus und verbringt den gesamten Tag im Büro. Wagniskapitalgeber wollten bei dem Hype um "die weibliche Steve Jobs" dabei sein. Und sie ist 2014 aufgetaucht wie aus dem Nichts.

Holmes' Unternehmen heißt Theranos, der Name ist aus den Begriffen Therapie und Diagnose zusammengesetzt. Theranos stellt eine Technik für Bluttests her, die einfacher und billiger sein soll als das traditionelle Verfahren. Anstatt mehrerer Röhrchen voll venösem Blut soll ein kleiner Stich in den Finger reichen. "Ein winziger Tropfen ändert alles", wirbt Theranos. Die Gründerin hat panische Angst vor Spritzen. Gut 240 Werte will Theranos überprüfen: Cholesterin, Herpes und so weiter, nicht beim Arzt, sondern beim Apotheker, oft günstiger als zehn Dollar.

Das soll die 75 Milliarden Dollar schwere Industrie für Labortests durcheinanderwirbeln: "Unser Gesundheitssystem ändert sich nur, wenn die Menschen verstehen, dass sie ein Grundrecht auf Informationen über ihre Gesundheit haben", sagt Holmes. Sie hat Theranos im Jahre 2003 gegründet, als sie 19 Jahre alt und noch Chemiestudentin an der Stanford University war - die einzige Frau in ihrem Jahrgang. Inzwischen haben Investoren ihr so viel Geld gegeben, dass die Firma mit mehr als neun Milliarden Dollar bewertet ist. Ob sie das auch wert ist?

Innerhalb eines Monats ist Holmes' Geschichte eine von Aufstieg und Fall. Die Bluttests seien nicht genau, hat das Wall Street Journal ermittelt. Die Technik von Theranos sei außer für Herpes noch gar nicht zugelassen, das Start-up verwende deshalb noch konventionelle Geräte, mit normalen Mengen venösen Bluts. Großkunden haben sich distanziert, auch die Apothekenkette Walgreens. Die Zulassung sei auf gutem Wege, verteidigt sich Holmes. Gerade heuert sie einen neuen Laborchef an, der für genauere Ergebnisse sorgen und die Vorteile unter Beweis stellen soll.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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