Blumenhandel:Ausgebeutet in der Rosenfabrik

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Etwa die Hälfte der Rosen in Deutschland wird aus Kenia importiert.

(Foto: AFP)

Damit in Deutschland genug frische Blumen in die Läden kommen, schuften Arbeiter in Afrika für mickrige Löhne. Wer gegen schlechte Arbeitsbedingungen protestiert, wird einfach entlassen.

Von Caspar Dohmen, Karagita

Es ist wie am Fließband in einer Fabrik: Mit flinken Bewegungen ziehen Arbeiter grüne Blätter von Stängeln. Andere messen Blumen und schneiden sie passend. Die nächsten packen jeweils zehn Pflanzen zu einem Bund Rosen zusammen. Dutzende Arbeiter sind in der Halle beschäftigt, die wegen der Empfindlichkeit der Rosen auf wenige Grad Celsius herunter gekühlt ist. Draußen ist es brütend warm, um die 32 Grad ganzjährig, wegen der Nähe zum Äquator - deswegen gibt es hier am Lake Naivasha in Kenia eine Menge Blumenfarmer. Die Silhouetten der Gewächshäuser prägen das eine Ufer, am gegenüberliegenden ziehen bis heute Zebras, Giraffen und Antilopen durch die Wildnis.

Igal Elfezouaty gehörte zu den ersten Investoren, die sich dafür entschieden, hier in der Region Blumen anzubauen. Ende der 1990er Jahre gründete der amerikanische Staatsbürger mit kenianischen Wurzeln das Unternehmen Panda Flowers. Für ihn ernten hier 883 Arbeiter auf 40 Hektar jährlich 75 Millionen Stängel Rosen, wie es im Blumenjargon heißt. Elfezouaty war nicht der einzige Unternehmer und Kenia ist nicht das einzige Land, das von der Verlagerung der Blumenproduktion aus dem Norden in den Süden profitierte, die in den 1980er Jahren einsetzte.

Zunächst zog es Investoren in die beiden lateinamerikanischen Länder Kolumbien und Ecuador, später entdeckten sie dann die Staaten der Subsahara vor allem für den europäischen Markt. Seit den frühen 2000er Jahren stieg der Anteil der Region an der globalen Blumenproduktion von jährlich fünf auf 13 bis 17 Prozent. Hauptproduzent ist hier Kenia, aber auch in Tansania und Uganda gibt es diverse Farmen. Vergleichsweise neu im Geschäft ist Äthiopien. Als bedeutendes Anbauland für den asiatischen Markt hat sich Malaysia etabliert.

Unter den fünf größten Anbauländern von Blumen rangiert mit den Niederlanden nur noch eines aus der Liga der einkommensstarken Industrienationen. Ganz vorne bei den Abnehmerländern ist Deutschland, was man am Beispiel der Rosen sieht, etwa vier von fünf hier zu Lande verkauften Rosen werden importiert, ungefähr die Hälfte aus Kenia.

Länder mit niedrigen Löhnen profitieren vom internationalen Blumenhandel

Das Blumengeschäft war von Anfang an international organisiert. Bereits im 16. Jahrhundert handelten holländische Händler in großem Stil mit Tulpen aus dem Osmanischen Reich. Unvorstellbare Preise zahlten die Menschen dafür, bald bildete sich eine Spekulationsblase, die platzte. Astronomische Preise wurden seitdem für gewöhnliche Blumen nicht mehr gezahlt, aber die Niederlanden blieben bis heute die Drehscheibe für den internationalen Blumenhandel. Mehr als die Hälfte des globalen Blumenhandels wird hier abgewickelt, ganz überwiegend über die Blumenbörsen, auf denen auch 65 Prozent der Blumen aus Kenia landen. Aber das Geschäft verändert sich, vor allem, weil die drei großen Blumenmärkte gesättigt sind, also Europa, die USA und Japan.

Für die nächsten zehn Jahre erwarten die Fachleute der niederländischen Rabobank zwar ein weiteres Wachstum auf dem Weltblumenmarkt, aber nur in anderen Regionen wie Asien oder dem Nahen Osten. Zudem könnte die Entwicklung "sehr unstetig verlaufen". Verschärft wird der Wettbewerb zwischen den verbliebenen Produktionsstandorten im Norden und Süden durch Veränderungen beim Transport. Aufgrund des technischen Fortschrittes können immer mehr Blumen mit dem Schiff statt dem Flugzeug transportiert werden.

Vom Blumen-Transport per Container profitieren die Niedrig-Lohn-Standorte. Schon heute werden aus Kolumbien jährlich mehr als 700 Container mit Blumen nach Großbritannien verschifft. Jeder Container fasst mehr als 150 000 Stängel Chrysanthemen. Andere wichtige Routen im globalen Blumenhandel sind die von Vietnam nach Japan oder von Israel nach Europa.

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