Cum-Ex-Ermittlungen:So kam die Staatsanwaltschaft auf Blackrock

Razzia bei Vermögensverwalter BlackRock

Die Münchener Blackrock-Niederlassung wurde am Dienstag durchsucht.

(Foto: dpa)
  • Bereits Anfang des Jahres brachte ein Kronzeuge den größten Steuerraubzug Deutschlands mit Blackrock in Verbindung.
  • Die Vorwürfe betreffen den Zeitraum von 2007 bis 2011. Merz ist erst seit 2016 bei Blackrock, gegen ihn wird nicht ermittelt.
  • Ein Grünen-Abgeordneter fragt Merz, wieso er nichts unternommen hat.

Von Klaus Ott und Jan Willmroth, Frankfurt

Als Anfang des Jahres bei den Cum-Ex-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln zum ersten Mal der Name Blackrock fiel, sollen die Vernehmungsbeamten gleich hellhörig geworden sein. Einer von mehreren Kronzeugen, der zum wiederholten Male aussagte über Deutschlands größten Steuerraubzug, wusste ein klein wenig zu berichten über den größten Vermögensverwalter der Welt. Die Rede war von börsengehandelten Indexfonds, bekannt als ETFs, die computergestützt die Wertentwicklung von Aktienindizes wie dem Dax nachbilden. Und von Blackrocks Marke iShares, dem weltweit größten Anbieter solcher Fonds. Vom Verhör am Jahresanfang bis zu der Durchsuchung bei Blackrock am Dienstag in München war es aber noch ein weiter Weg.

Hier die weltweit größte Investmentgesellschaft und größte Anbieterin dieser Aktienfonds, da der größte Steuerraubzug in Deutschland, wenn nicht gar in Europa, mit Namen Cum-Ex - das machte die Ermittler natürlich neugierig. Geht es bei dem Steuerskandal doch um riesige Börsengeschäfte, bei denen vor allem Banken sich eine einmal gezahlte Steuer auf Dividendenerlöse mehrmals erstatten ließen. Was Fragen aufwirft: Hat Blackrock da mitgespielt? Oder wurde iShares - als einer der größten Verleiher von Aktien - nur benutzt, ohne zu wissen oder gar zu ahnen, was Banken und deren Händler da mit den entliehenen Aktien tun? Zum Politikum wird das, weil der langjährige CDU-Politiker Friedrich Merz, der Anfang Dezember Vorsitzender seiner Partei werden will, seit 2016 Aufsichtsratschef von Blackrock in Deutschland ist.

Wenn er auftritt, muss er sich jetzt auch zu Blackrock und Cum-Ex erklären. So wie am Dienstagabend vor einer CDU-Tagung in Düsseldorf. Da sagte Merz, er habe den Vorstand von Blackrock in Deutschland angewiesen, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten und "alle Dokumente auf den Tisch zu legen". Das werde alles aufgeklärt, "und wir werden daran aktiv mitarbeiten". Merz fügte hinzu: "Was da passiert ist, betrifft einen Zeitraum von 2007 bis 2011" - also weit vor seiner Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender.

Gegen Merz gibt es, wie die Staatsanwaltschaft Köln am Mittwoch klarstellte, keinerlei Verdachtsmomente. Er wird weder einer Straftat noch einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt. Politisch unangenehm ist das natürlich trotzdem für den Kandidaten Merz, wie eine Reaktion der Grünen zeigt. Der Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick hat ihn mit 13 Fragen konfrontiert - sie wirken fast wie ein Verhör. Zum Beispiel heißt es mit Bezug zu Cum-Ex: "Haben Sie als Vorsitzender des Aufsichtsrats von Blackrock Deutschland Fragen gestellt oder eigene Untersuchungen angestellt? Falls nein, warum nicht?"

Erst einmal aber ist die Staatsanwaltschaft Köln am Zug. Deren Razzia bei Blackrock beruht offenbar vor allem auf Aussagen eines weiteren Kronzeugen, eines ehemaligen Bankmanagers. Der wusste noch viel mehr über Blackrock als jener Cum-Ex-Akteur, der Anfang des Jahres den ersten Hinweis gegeben hatte. Der frühere Banker soll ziemlich genau geschildert haben, wie das lief mit Aktienpaketen, die Blackrock für Börsengeschäfte verliehen hatte. Um mit Cum-Ex den Fiskus gezielt ausnehmen zu können, waren riesige Aktienpakete notwendig gewesen. ETF-Anbieter wie Blackrock verleihen regelmäßig in großem Stil Aktien und erhalten dafür Gebühren, um die Rendite ihrer Fonds zu steigern.

Als die Staatsanwaltschaft Köln im Juni die Durchsuchungsbeschlüsse für eine größere Razzia in dieser Woche erwirkte, war es aber noch gar nicht um Blackrock gegangen. Die Investmentgesellschaft kam erst später dazu. Konkret am 26. Oktober, als die Ermittler genug Informationen hatten, um beim Amtsgericht Köln auch wegen Blackrock vorstellig zu werden. Das Gericht ordnete daraufhin an, auch die Fondsgesellschaft zu filzen. Erst drei Tage später wurde bekannt, dass Merz CDU-Chef werden will.

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