Ja, auch in diesem Jahr ist wieder Black Friday und Cyber Monday. Und ja: In einem Monat ist Weihnachten. So weit ist alles wie gehabt. Dennoch könnte diesmal vieles ganz anders sein. Erstmals könnten die Tage, an denen angeblich besonders viele Schnäppchen zu haben sind, mit einem Minus für die Händler enden. Die Boston Consulting Group (BCG) rechnet jedenfalls mit einem Umsatzminus von 15 Prozent in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr.
Die Bundesrepublik reiht sich damit ein in einen generellen Trend in vielen Ländern: Die Bürger halten das Geld zusammen - in Anbetracht stark gestiegener Preise. In Australien, Frankreich und anderen Ländern mit ähnlichem Lebensstandard verspüren die Menschen laut BCG ebenfalls weniger Lust aufs Shoppen als früher. Vielleicht haben viele auch begriffen, dass es den Händlern an diesen Tagen vor allem darum geht, die Lager zu leeren, und dass die vermeintlichen Schnäppchen in Wahrheit gar keine sind. Sogenannte Mogelpackungen sollen in diesem Jahr besonders verbreitet sein, also veränderte Verpackungen mit weniger Inhalt zum gleichen oder höheren Preis. "Konsumenten sollten deshalb dieses Jahr besonders wachsam bei großen Rabatten sein", warnt Annett Polaszewski-Plath, E-Commerce-Expertin des Finanzdienstleisters Mollie. Verbraucherschützer sehen das genauso.
Spielwaren:Der Trend geht zum Kuscheln
Auch Spielzeug wird teurer. Trotzdem rechnen Händler und Industrie mit einem guten Weihnachtsgeschäft. Wären da nur nicht ein paar andere Probleme.
Dazu kommt, dass die Rabatt-Tage zunehmend häufig Einfallstore für Cyberkriminelle geworden sind. Studien belegen, wie sich die Anzahl der Attacken auf die Online-Shops von Einzelhändlern an den Tagen der "Black" oder "Cyber Week" signifikant erhöht. Die Gefahr, auf Fake-Shops hereinzufallen, die also Ware anbieten, die sie gar nicht besitzen, soll in dieser Zeit besonders groß sein. Insofern mehren sich dieses Jahr die skeptischen Stimmen zur Sinnhaftigkeit der Aktionstage aus vielerlei Gründen - einmal abgesehen von denen, die den Rabattwahn sowieso für Unsinn halten und jedes Jahr zum Kauf-nix-Tag aufrufen.
Es könnte aber auch ganz anders kommen, so hofft und prognostiziert das jedenfalls der Handelsverband Deutschland (HDE). Gerade weil viele aufs Geld achten müssten, komme den beiden Tagen dieses Jahr eine besondere Bedeutung zu. Der HDE, der zuletzt Monat für Monat mit seinem Konsum-Barometer immer neue Tiefststände bei der Kauflaune der Deutschen feststellte, zeigt sich nun auf einmal überraschend optimistisch: Um eine satte Milliarde Euro beziehungsweise um 22 Prozent soll der Umsatz dieses Jahr an den beiden Aktionstagen steigen, auf dann 5,7 Milliarden Euro. Der Grund für die Annahme: Noch nie zuvor hätten so viele Bundesbürger geplant, an diesen beiden Tagen so viel Geld für Weihnachteinkäufe auszugeben wie 2022. 43 bis 55 Prozent der Ausgaben sollen demnach auf Geschenke für Weihnachten entfallen.
Das könnte noch ein Problem werden: Viele Lager sind rappelvoll
Wie werden die Händler also nach der Rabattschlacht dastehen: himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt? Man weiß es auch kurz vorher nicht - was ebenfalls ein Kennzeichen dieses von Energiekrise, Ukraine-Krieg und Corona-Folgen geprägten Jahres ist: Die Unsicherheiten sind riesengroß. Die Händler wissen nicht, was kommt, die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten noch ein bisschen spontaner entscheiden als sonst, und die Hersteller müssen damit rechnen, auf ihrer Ware sitzen zu bleiben.
Viele Lager jedenfalls sind schon jetzt viel voller als in den Jahren zuvor. Falls sie sich nicht leeren sollten, könnte es sein, dass die wahren Rabatte erst noch kommen, und zwar vor allem erst nach Weihnachten. Denn die Ware muss raus. Wenn die Lager sich nicht leeren, kann auch keine neue Ware rein. Für manche Händler und Hersteller ist das bereits jetzt ein Problem und es könnte noch größer werden. Sogar der weltweit größte Onlinehändler Amazon, bekannt für seine ausgefeilte Logistik, hat bereits angekündigt, mit einem weniger guten Weihnachtsgeschäft zu rechnen.
Krisenstimmung herrscht nicht nur in Deutschland, sondern in etlichen Ländern der Welt. Amazons Prognose ist umso bemerkenswerter, als die USA, das Heimatland des Konzerns, laut der pessimistischen Einschätzung von BCG das einzige von neun untersuchten Ländern sind, in dem die Konsumenten ihre Ausgaben an den Rabatt-Tagen kräftig steigern wollen. Woanders muss es daher besonders trüb zugehen.
In Deutschland dagegen wollen laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbandes Bitkom fast ein Viertel, 24 Prozent, der Befragten die gesamte "Cyber Week" gar nicht nutzen. Zu ähnlichen Ergebnissen waren zuvor auch andere Verbraucherumfragen gekommen, wie etwa von Yougov oder von den Marktforschern des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH. Danach fallen manche Käufe "ersatzlos" aus.