Bitcoin:Kryptowährungen werden kein neues Geldsystem schaffen

Bitcoin

Die umstrittene Digitalwährung Bitcoin hat sich zu Beginn des neuen Jahres nach ihrem Kursrutsch etwas stabilisiert.

(Foto: dpa)

Der Bitcoin und andere Kunstwährungen sind eine Spekulationsblase, die platzt. Doch die technische Grundlage Blockchain wird bleiben und den Alltag dauerhaft prägen.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Die Welt der Kryptowährungen ist verwirrend und faszinierend zugleich. Denn mittlerweile gibt es neben dem Bitcoin, dessen Wert sich im vorigen Jahr um 1700 Prozent erhöht hat, über 1300 Währungen, die auf nichts als Algorithmen basieren und teils noch rapider zugelegt haben. Immer mehr Investoren setzen deshalb echtes Geld auf virtuelles Geld - in der Hoffnung, ganz schnell reich zu werden. Manches erinnert dabei an die niederländische Tulpenmanie im 17. Jahrhundert, als sich der Preis für die Blumenzwiebeln vervielfachte, auf teils 10 000 Gulden pro Stück, ehe der Preis im Februar 1637 ins Bodenlose fiel.

Doch derzeit scheint die Gefahr des Crashs niemanden zu interessieren, täglich geht der Wahnsinn weiter, ständig kommen neue Kryptowährungen hinzu. Diese Woche kündigte zum Beispiel das traditionsreiche Unternehmen Kodak an, es wolle den Kodakcoin schaffen, der es Fotografen erleichtern soll, Bilder zu verkaufen und Rechte zu versichern - der Aktienkurs der Firma stieg daraufhin auf mehr als das Doppelte. Auch Autokraten wie der russische Präsident Wladimir Putin oder der venezolanische Präsident Nicolás Maduro wollen in ihren Ländern Kryptowährungen einführen.

Doch zwischen den verschiedenen Kunstwährungen gibt es große Unterschiede, und nicht jede ist eine mehr oder weniger gute Kopie des anarchischen Bitcoins. Dessen Erfinder und Anhänger wollten als Reaktion auf die Finanzkrise im Jahr 2008 ein Geldsystem schaffen, das ohne die etablierten Institutionen auskommt: ohne Staat, Notenbanken, Geschäftsbanken - jeder sollte sein eigener Bankier sein. Maduro und Putin ist solch ein dezentraler Ansatz natürlich fern. Sie wollen weiterhin alles steuern und mit dem Kryptogeld vor allem die Sanktionen umgehen, denen ihre Länder unterliegen. Wie das gelingen soll, ist aber völlig unklar. Und so muss man diese Ankündigungen derzeit eher als Augenwischerei von zwei Potentaten sehen.

Mehr Schein als Sein: Das gilt auch für viele andere Kryptowährungen. Etliche dienen allein der Geldschneiderei; ihre Erfinder wollen reich werden, egal wie. Hinter anderen Kunstwährungen verbirgt sich, ähnlich wie im Bitcoin, der ersten großen Kryptowährung, dagegen eine verheißungsvolle Technologie. Sie heißt Blockchain. Dabei handelt es sich um ein hocheffizientes, verschlüsseltes Buchhaltungssystem. Dessen Daten liegen auf ganz vielen Rechnern zugleich, deshalb kann niemand sie manipulieren - und deshalb waren die Krypto-Anarchos anfangs auch davon überzeugt, dass es keiner Notenbank mehr bedürfe, die alles kontrolliert.

Es wird wie bei den Tulpen enden

Inzwischen haben aber auch namhafte Konzerne wie Kodak erkannt, welche Vorteile die Blockchain bietet: Zahlungen lassen sich damit viel schneller und sicherer abwickeln als bisher. Auch der Handel von Waren oder ganze Lieferketten lassen sich besser organisieren, denn man kann auch Verträge oder Lieferpapiere in der Blockchain speichern und mit digitalen Befehlen verknüpfen. In Deutschland beschäftigen sich deshalb selbst hochseriöse Organisationen mit der Blockchain: von der Allianz bis zu den Fraunhofer-Instituten.

Am Ende wird die Kryptomanie also vermutlich so enden wie die Tulpenmanie: Die Kunstwährungen werden rasant an Wert verlieren und als Spekulationsobjekt verschwinden. Bleiben aber wird das, was dahintersteht: 1637 war es die Tulpenzucht, heute ist es die Blockchain.

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