Justiz:Rund 100 Millionen Euro in Bitcoin in deutschen Asservatenkammern

FILE PHOTO: A collection of Bitcoin (virtual currency) tokens are displayed in this picture illustration

Virtuelle Währung mit teils sehr hohem Wert: Viele Bitcoins lagern in deutschen Behördentresoren.

(Foto: Benoit Tessier/Reuters)

Einige deutsche Staatsanwaltschaften bunkern Bitcoin, andere verkaufen sie so schnell wie möglich. Insgesamt hat der Staat bereits etwa 50 Millionen Euro mit Verkäufen nach Beschlagnahmungen eingenommen.

Von Florian Flade und Max Muth, München

Bei deutschen Staatsanwaltschaften lagert ein Vermögen an Bitcoin und wartet darauf, in Geld umgetauscht zu werden. Insgesamt harren noch mehr etwa 100 Millionen Euro in Bitcoin und anderen Währungen der Verwertung, sie waren bei Kriminellen sichergestellt worden. Etwa 50 Millionen Euro wurden bereits mit dem Verkauf virtueller Währungen eingenommen. Das geht aus Antworten hervor, die Süddeutsche Zeitung und WDR von den Staatsanwaltschaften der Bundesländer mit Schwerpunkt Cybercrime und den zentralen Verwertungsstellen der Länder bekommen haben.

Nicht alle Bundesländer haben spezialisierte Cyber-Behörden, meist gibt es jedoch mindestens einen Staatsanwalt für Internetdelikte. Die Daten sind deshalb nicht notwendigerweise vollständig, geben jedoch einen guten Überblick über die Vermögenswerte und die verschiedenen Vorgehensweisen der Länder bei dem Thema.

Die größten Beträge stammen dabei aus einigen wenigen Fällen. So wurden in Bayern 2018 von der Landesjustizkasse Bamberg Bitcoin im Wert von etwa zwölf Millionen Euro versteigert, die bei den Betreibern der illegalen Plattformen "Hansa Market" und "lul.to" sichergestellt worden waren. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, gegen die Beklagten wird derzeit noch in Hessen verhandelt. Dort liegt auch der aktuell größte noch nicht verwertete Schatz. 2200 Bitcoin, der allergrößte Teil davon stammt von den Betreibern des Darknet-Marktplatzes "Wallstreet Market". Ein Bitcoin ist derzeit etwa 42 600 Euro wert.

Nicht alle Länder haben die nötigen Zentralstellen eingerichtet

Seit 2017 gilt der Paragraf 77a der Strafvollstreckungsordnung, wonach die Länder für den Verkauf von virtuellen Währungen Zentralstellen einrichten sollen. Das ist vier Jahre später aber offenbar nicht überall geschehen. Besonders in kleinen Bundesländern, in denen es selten zu Bitcoin-Beschlagnahmungen kommt, wird das Thema nicht mit Nachdruck verfolgt. Doch auch einige bevölkerungsreiche Flächenländer lassen sich Zeit. Die meisten der Zentralstellen nutzen für den Verkauf die in Deutschland ansässige Handelsplattform bitcoin.de, in Thüringen nutzte man den Anbieter electrum.org. Einen Sonderweg möchte offenbar Nordrhein-Westfalen beschreiten. Dort baut man gerade eine eigene Handelsplattform auf, über die künftig eingezogene virtuelle Währungen versteigert werden sollen.

Nicht einheitlich ist auch das Vorgehen der Länder bezüglich des Zeitpunkts des Verkaufs von Bitcoin. In den meisten Bundesländern werden eingezogene Währungen so bald wie möglich per Notveräußerung verkauft, etwa in Bayern und Schleswig-Holstein. Auf diese Art können Staatsanwaltschaften auch bei beschlagnahmten Aktien und verderblichen Gütern vorgehen, bei denen ein Wertverlust droht. Andere Staatsanwaltschaften - etwa in Hessen - warten, bis Urteile gegen Beschuldigte rechtskräftig werden. Das kann nach hinten losgehen, gerade bei eher weniger bekannten Kryptowährungen droht bei mehrjährigen Verfahren der totale Wertverlust.

Hie und da steigt der Kurs in ungeahnte Höhen

Es kann aber auch gut ausgehen für die Staatskasse. In Berlin sitzt die Staatsanwaltschaft seit Oktober 2020 auf einem kleinen Berg Bitcoin, zum Zeitpunkt der Sicherstellung waren sie etwa 700 000 Euro wert. Eigentlich würde die Staatsanwaltschaft die digitalen Münzen gern verkaufen - bisher aber hat die Behörde dafür noch kein Verkaufskonto eingerichtet. Aktuell sieht es so aus, als würde diese Untätigkeit nicht schaden, denn seit Oktober ist der Kurs auf das Vierfache angestiegen. Heute wären die Bitcoin drei Millionen Euro wert.

Ein sehr spezieller Fall liegt seit einiger Zeit bei der Staatsanwaltschaft Kempten. Die dort in einem Verfahren gegen einen Betreiber eines sogenannten Botnetzes im Jahr 2013 beschlagnahmten Bitcoin wären aktuell rund 90 Millionen Euro wert. Doch der Staatsanwaltschaft fehlt das Passwort für den virtuellen Tresor. Der mittlerweile wieder aus der Haft entlassene Täter hatte es den Ermittlern nicht verraten.

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