Wirtschaftsforschungsinstitute:Deutscher Wirtschaftsboom vorerst zu Ende

Produktion im BMW-Werk Leipzig

Auch die Probleme der deutschen Autoindustrie sind ein Grund für die Prognose.

(Foto: dpa)
  • Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute korrigieren ihre gemeinsame Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf nur noch 0,8 Prozent.
  • Das liege am Brexit, am Handelsstreit der USA und China, aber auch an der Rentenpolitik der Bundesregierung.
  • Die Institute gehen aber nicht von einer Rezession aus, im Jahr 2020 soll die Wirtschaft wieder stärker wachsen.

"Der langjährige Aufschwung der deutschen Wirtschaft ist zu Ende", sagt der stellvertretende Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Oliver Holtemöller. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute korrigierten am Donnerstag ihre gemeinsame Wachstumsprognose auf nur noch 0,8 Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im laufenden Jahr. Im Herbst hatten die Institute noch ein Wachstum von 1,9 Prozent vorausgesagt. Im vergangenen Jahr ist das Bruttoinlandsprodukt um 1,5 Prozent gewachsen.

Ein Wirtschaftswachstum von weniger als einem Prozent, wie es die Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren, gab es zuletzt im Jahr 2013. Damals wuchs das BIP nur um 0,5 Prozent. Die Institute sind mit ihrer Prognose nicht allein: Auch die Bundesregierung hat im Januar ihre Prognose vom Herbst korrigiert, von 1,8 auf ein Prozent.

Viele Experten schätzen das Risiko eines Brexit ohne Abkommen mit der Europäischen Union mittlerweile als recht hoch ein. Auch Ökonom Holtemöller sieht darin ein Problem, denn ein Brexit ohne Vertrag belaste auch das deutsche Wirtschaftswachstum. Risiken sehen die Experten außerdem im noch ungelösten Handelsstreit zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften USA und China. In Deutschland bremsten Fachkräftemangel, Lieferengpässe sowie Schwierigkeiten in der Autoindustrie die Konjunktur.

Keine Rezession und wieder deutlich mehr Wachstum in zwei Jahren

"Auch die deutsche Wirtschaftspolitik schafft Risiken, etwa indem sie die langfristige Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung durch erhebliche Leistungsausweitungen belastet, die aus dem Beitragsaufkommen nicht zu finanzieren sein werden", kritisieren die Institute. Am 1. Juli werden die Renten im Westen um etwas mehr als drei Prozent und im Osten um fast vier Prozent erhöht. In Deutschland werden in Zukunft aber immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter und immer mehr im Rentenalter leben. Wer die höheren Renten langfristig bezahlen soll, sei nicht klar.

Die Institute gehen nur von einer kurzfristig schwachen Konjunktur aus. 2020 werde das BIP wieder um 1,8 Prozent wachsen, prognostizieren sie. Auch eine Rezession, also ein negatives Wirtschaftswachstum, drohe nicht. Die Zahl der Erwerbstätigen soll bis 2020 auf 45,5 Millionen steigen, was rund 700 000 mehr wären als 2018. Gleichzeitig soll die Zahl der Arbeitslosen auf 2,1 Millionen sinken. Die Arbeitslosenquote würde also ebenfalls weiter sinken.

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