Biokraftstoff: Gipfeltreffen in Berlin:Brennt! Brennt für E10!

Der Feldversuch E10 geht weiter: Die Bundesregierung hält eisern am Biokraftstoff fest und verspricht mit viel Tamtam, endlich für Klarheit zu sorgen. Darum gibt es nun eine Erklärung - zwei Seiten kurz und voller guter Absichten. Doch viel klarer liegen die Dinge nun nicht.

Michael Bauchmüller, Berlin

Anfangs, der Bundesumweltminister betrat gerade die Einfahrt zum Bundeswirtschaftsministerium, sprach noch wirklich vieles für ein gewichtiges Treffen. Ein Pulk Kameraleute umringte den CDU-Mann Norbert Röttgen, auf der anderen Straßenseite hatte Greenpeace ein Banner gegen den Ethanol-Sprit E10 ausgerollt, und Freunde des Regenwaldes überreichten 14.000 Unterschriften gegen das umstrittene Benzin-Ethanol-Gemisch. Er selber sehe keinerlei Versäumnisse, verkündete Röttgen. Im Übrigen nehme er die kritischen Unterschriften "zur Kenntnis".

Super E10 Kraftstoff

Verschiedene Teilnehmer verlassen den Benzingipfel ernüchtert. "Das ging aus wie das Hornberger Schießen", sagt einer, "das war ein Flop."

(Foto: dpa)

Dann entschwindet Röttgen, hinein ins Reich von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) - zum "Benzingipfel". Zusammen mit Mineralölkonzernen, der Autoindustrie, mit Verbraucherschützern und dem ADAC wollen sie Millionen Deutsche beruhigen, die nichts von dem neuen Sprit wissen wollen. Viele sind unsicher, ob er den Motor schädigt. Das Interesse am Gipfel ist groß.

Drei Stunden später spricht immer noch vieles für ein wichtiges Treffen. Brüderle und Röttgen kehren zurück vom Gipfel, sie haben jetzt Ergebnisse. Brüderle spricht von einem "engen Schulterschluss" aller Beteiligten. "Ich bin sehr froh, dass wir uns hier in einem großen Kreise auf eine gemeinsame Linie verständigen konnten." Dann ist Röttgen dran, dem Brüderle doch mit dem eilig anberaumten Treffen die Show gestohlen hatte; schließlich ist E 10 Sache des Umweltministers. "Ich darf Sie herzlich begrüßen", sagt Röttgen - als sei er hier Hausherr. Dann knüpft er nahtlos an Brüderle an. Es gebe "eine gemeinsame Position und gemeinsame Maßnahmen, weil wir glauben, ein gemeinsames Interesse zu haben". Und dann: "Alle Beteiligten befürworten die Einführung von E 10." Das, so sieht es aus, ist die Botschaft des Tages.

Nur entspricht das dem, was alle Beteiligten seit Tagen versichern. Der einzige, der nicht viel mit dem neuen Kraftstoff anfangen konnte, war bislang der Kunde selbst. Der soll nun nach Kräften dafür begeistert werden. Wie es sich für ein ordentliches Gipfeltreffen gehört, haben die Teilnehmer eine Erklärung aufgesetzt, sie ist zwei Seiten kurz und voller guter Absichten, mehr aber auch nicht.

So sollen an den Tankstellen jene Listen ausliegen, die über mögliche Unverträglichkeiten für Motoren aufklärt - was freilich die Tankstellen-Verbände schon vor einer Woche zugesagt haben. Die Automobilwirtschaft soll "prüfen", über ein eigenes Internetportal eine direkte Verbindung zu den entsprechenden Seiten der Hersteller herzustellen - die freilich jeder Internetnutzer auch selbst finden kann, wenn er in der Lage ist, das Portal der Branche ausfindig zu machen.

Jetzt hängt alles am Kunden

Auch sollen Autohersteller und Kraftfahrzeuggewerbe "unverzüglich" allen Werkstätten und Händlern die Verträglichkeitsliste zur Verfügung stellen, also jene Liste, die Aufschluss gibt über mögliche Motorprobleme. Nur ist die seit Wochen schon im Internet verfügbar. Am konkretesten ist noch die Zusage, dass auf Angaben in der Liste Verlass ist, die Aussagen der Hersteller also verbindlich sind. Und im übrigen werden nun alle Beteiligten das Ihre tun, um Autofahrer aufzuklären. Das blieb vom Gipfel.

Verschiedene Teilnehmer verlassen das Treffen am Dienstag entsprechend ernüchtert. "Das ging aus wie das Hornberger Schießen", sagt einer, "das war ein Flop." Zumal hinter den Kulissen von Einigkeit und Gemeinsamkeiten offenbar lang nicht so viel zu spüren war wie in den anschließenden Statements. Eine halbe Stunde verbrachten Regierung und Industrie damit, über Geld zu streiten, Geld für eine wirklich umfassende Aufklärung der Verbraucher. Dazu hätte das Kraftfahrtbundesamt die Wagenhalter anschreiben und über die Tauglichkeit ihrer Autos informieren können. Vorbereitungen hatte des Bundesverkehrsministerium dem Vernehmen nach getroffen, Kosten: 20 Millionen Euro. Nur wollten weder Industrie noch Bund das schultern. Schließlich wollen beide Seiten ihre Hausaufgaben längst gemacht haben.

Jetzt hängt alles am Kunden. "Wir bauen darauf, dass die Akzeptanz der Kunden erhöht wird", sagt Klaus Picard, der Chef der Mineralöl-Lobby MWV. Dann fügt er hinzu: "durch die Maßnahmen der Bundesregierung". Die aber setzt auf die Mineralölindustrie. "Die Tankstelle ist der Ort, wo der Kunde Klarheit haben muss", sagt Röttgen schließlich noch.

Klarheit? Viel klarer liegen die Dinge auch nach diesem Treffen nicht. Am Ende haben die Demonstranten vor der Einfahrt sich davongemacht, schwarze Limousinen verlassen nach und nach den Hof des Bundeswirtschaftsministeriums.

Der Feldversuch E 10 geht weiter.

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