Billiglöhne in China:Mehr Geld für die Würde

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Nach der Selbstmordserie unter den chinesischen Arbeitern bei Foxconn wächst der Druck auf den Elektronikkonzern - er reagiert mit weiteren saftigen Lohnerhöhungen. Auch Honda zahlt künftig mehr. Experten sprechen vom Ende der Billig-Arbeit in China.

Bei Foxconn geht es mit den Löhnen massiv nach oben: Nach der Selbstmordserie unter den Fabrikarbeitern in Südchina hat der iPhone-Hersteller zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage Lohnsteigerungen angekündigt. Die Fließbandarbeiter in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen sollen eine Lohnerhöhung um 66 Prozent erhalten, teilte das Unternehmen mit. Der monatliche Lohn steige dort von 1200 auf 2000 Yuan (244 Euro).

Lange haben Mitarbeiter des weltweit größte Elektronikhersteller Foxconn gegen die hohe Arbeitsbelastung demonstriert. Im Werk im chinesischen Shenzhen nahmen sich seit Beginn des Jahres zehn Beschäftigte das Leben. Ab Oktober sollen dort die Löhne erhöht werden. (Foto: afp)

Die Anhebung sei allerdings von einem dreimonatigen Leistungstest abhängig. Bereits in der vergangenen Woche hatte das Unternehmen eine 30-prozentige Lohnerhöhungen angekündigt.

Durch diese Lohnentwicklung werde die Zahl der Überstunden sinken, die für viele Beschäftigte bislang notwendig gewesen seien, erklärte Foxconn. Ab Oktober seien Überstunden für viele "eine freiwillige Entscheidung".

Im Werk des Elektronikherstellers, der unter anderem für Apple, Nokia, Hewlett-Packard oder Dell produziert, nahmen sich seit Beginn des Jahres zehn Beschäftigte das Leben. Arbeitsrechtsorganisationen machten den hohen Druck bei gleichzeitig schlechter Bezahlung dafür verantwortlich.

Höhere Löhne und weniger Druck

Hinzu kommt, dass die oft noch jungen Arbeiter weit weg von ihren Familien leben. Die westlichen Kunden von Foxconn hatten angesichts der Selbstmordserie bei Foxconn eigene Untersuchungen der Arbeitsbedingungen angekündigt.

Der Konzern erhöhte angesichts des Drucks seiner Kunden und der Öffentlichkeit bereits in der vergangenen Woche den Lohn um 30 Prozent. Er stieg mit sofortiger Wirkung von 900 auf 1200 Yuan.

Foxconn-Gründer Terry Gou erklärte, die ab Oktober versprochene Lohnerhöhung in Shenzhen solle die "Würde" der Angestellten sicherstellen. Als weltweit führender Elektronikhersteller erkenne das Unternehmen seine Verantwortung an und nehme diese auch ernst. "Wir arbeiten unablässig daran, die Arbeitsbedingungen und Entlohnung nicht nur den sich ständig ändernden Bedürfnissen unserer Angestellten anzupassen, sondern auch, dabei die Besten zu sein."

In Shenzhen arbeiten rund 300.000 Menschen für Foxconn. Die Entlohnung für die Beschäftigten des Konzerns in anderen Teilen Chinas würden anhand der örtlichen Preise und Sicherheitsbestimmungen ermittelt, teilte das Unternehmen weiter mit.

Der Analyst Mars Hsu von Grand Cathay Securities sagte, die Lohnerhöhung bei Foxconn werde andere Firmen, die von den billigen Arbeitskräften in China profitierten, unter Druck setzen. "Die Ära der billigen Arbeit in China ist vorbei", prophezeite Hsu. An der Börse von Taiwan fiel der Kurs der Aktie des Foxconn-Mutterkonzerns Hon Hai.

Auch Honda-Mitarbeiter verdienen jetzt mehr

Unterdessen einigte sich der japanische Autohersteller Honda mit streikenden Arbeitern in seinem Getriebewerk in Südchina auf eine rund 30-prozentige Lohnerhöhung. Der seit zwei Wochen laufende Arbeitskonflikt in Foshan konnte damit beigelegt werden, wie die örtlichen Gewerkschaften berichteten.

Die Arbeitsniederlegung hatte vergangene Woche die Autoproduktion in allen vier Werken von Honda in China lahmgelegt. Das erste Angebot von 366 Yuan wurde nach Gewerkschaftsangaben auf 500 Yuan erhöht, womit die Arbeiter jetzt rund 2000 Yuan monatlich verdienten. Ursprünglich hatte die Arbeiter 800 Yuan mehr gefordert.

Alle Produktionsstätten arbeiten nach Honda-Angaben jetzt wieder normal. Der Streik bei dem japanischen Hersteller war Teil von einer Serie von Arbeitskonflikten über höhere Löhne in mehreren chinesischen Provinzen.

Mindestlohn soll in vielen Teilen Chinas steigen

Schon zuvor wurde in vielen Provinzen und Städten die Erhöhung des Mindestlohns beschlossen. In der Hauptstadt Peking werde der monatliche Mindestlohn ab 1. Juli um 20 Prozent auf 960 Yuan (rund 115 Euro) steigen, berichtete die staatliche Zeitung Global Times. Das sei mehr als in den vergangenen Jahren, in denen die Steigerung im Durchschnitt bei zehn Prozent gelegen habe.

Die Regierung hatte vor einigen Tagen versichert, sie werde die Einkommenssteigerung für die Arbeiter auf ihre Prioritätenliste für dieses Jahr setzen. Sie wolle "die nationale Einkommensverteilung optimieren". In China wird zunehmend über die Folgen des raschen Wirtschaftswachstums für die Arbeiter diskutiert.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/stl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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