Billigere Energie:Newcomer setzen Markt unter Strom

Deutschlands starrer Energiemarkt kommt in Bewegung. Neue Gas- und Stromanbieter wie "E wie einfach" ködern die Verbraucher mit billigen Tarifen. Als Vertriebsweg haben sie das Internet entdeckt.

Martin Jahrfeld

Mit seiner neuen Tochter "E wie einfach" hat der Düsseldorfer Energiekonzern e.on den wettbewerbsarmen deutschen Strom- und Gasmarkt in Bewegung gebracht.

Billigere Energie: Die Geschaeftsführerin der "E-Wie Einfach Strom und Gas GmbH", Marie-Luise Wolff bei der Vorstellung des neuen Unternehmens.

Die Geschaeftsführerin der "E-Wie Einfach Strom und Gas GmbH", Marie-Luise Wolff bei der Vorstellung des neuen Unternehmens.

(Foto: Foto: ddp)

Die Strategie der neuen Marke, die vor allem Privathaushalte und kleinere Mittelständler gewinnen soll, zielt darauf, Strom um jeweils einen Cent pro Kilowattstunde und Gas um jeweils zwei Cent pro Kubikmeter günstiger anzubieten als die jeweiligen Regionalversorger.

Da sich die Preise von "E wie einfach" an den Tarifen der örtlichen Konkurrenz orientieren, werden auch die regionalen Anbieter künftig ihre Kunden mit Preissenkungen zu überzeugen versuchen.

Unter Zugzwang geraten mit "E wie einfach" jedoch nicht nur Stadtwerke, sondern auch Großunternehmen, die im regionalen Stromgeschäft stärker mitmischen wollen.

Kartellrechtliche Hürden

e.on-Konkurrent RWE wurde durch den Auftritt von "E wie einfach" offenbar überrascht. Der Konzern will über seinen neuen Markenstrom-Discounter Eprimo ebenfalls in den Regionalmärkten Fuß fassen, kann aber aufgrund kartellrechtlicher Hürden derzeit nicht durchstarten.

Solange die behördliche Erlaubnis für eine vollständige RWE-Übernahme des ehemals zum Überlandwerk Groß Gerau (ÜWG) gehörenden Stromanbieters aussteht, liegt auch die Kampagne (Lead-Agentur: Conteam:campaign, Groß-Gerau) für Eprimo auf Eis.

Newcomer setzen Markt unter Strom

"E wie einfach" hat in der jetzigen Situation die Nase vorn. Das Marketing der Düsseldorfer, das von der Agentur Philipp und Keuntje aus Hamburg entworfen wurde, setzt nicht auf Großkampagnen, sondern auf punktuelle Akzente in den Wettbewerbsregionen.

Regionalzeitungen kommen zum Zug

Zwar wurden in der vergangenen Woche zur Premiere auch Anzeigen in überregionalen Blättern geschaltet, jedoch dürften künftig eher Regionalzeitungen zum Zug kommen.

Unterstützt durch Außenwerbung werde man nach einem abgestuften Plan in unterschiedlichen Städten Präsenz zeigen, so ein e.on-Sprecher.

Die Eprimo-Kampagne von RWE wird strategisch kaum anders aussehen. Auch Marketingleiterin Petra Scondo hält flächendeckende Kampagnen für wenig sinnvoll.

Der Geldregen, den die Werbebranche einst mit der Einführung von Marken wie Yello und e.on erlebte, wird sich unter den jetzigen Bedingungen kaum wiederholen.

"Große Kampagnen verschlingen große Beträge"

"Große Kampagnen bringen kaum Kunden, verschlingen aber große Beträge. Aus diesem Grund schalten wir keine Spots, Anzeigen oder ähnliches", betont auch Gero Lücking, Sprecher des Hamburger Stromanbieters Lichtblick, der in diesem Jahr 60.000 zusätzliche Privatkunden gewinnen will.

Statt in teure Werbekampagnen investiert Lücking lieber in den eigenen Direktvertrieb: "Wenn man mit den Kunden kurz spricht, kann man erfolgreich Strom verkaufen. So kommen wir auf Wechselraten von über 60 Prozent."

Newcomer setzen Markt unter Strom

Zu den wenigen Unternehmen, die derzeit stark auf klassische Werbung setzen, zählt Nuon, die als Tochter des Amsterdamer Stromkonzerns nv Nuon niederländisches Flair verbreitet:Mit Außenwerbekampagnen und Slogans wie "lekker Strom" und "blonde Gas" empfahl sich Nuon in Berlin, Stuttgart und Hamburg als Alternative. "Verantwortlich für die Kampagne, der weitere Aktionen folgen sollen, war die Agentur Publicis Berlin.

Gute Erfahrungen bei Sonderveröffentlichungen

Bei den Medien haben wir gute Erfahrungen mit Außerwerbung in Verbindung mit Verlagssonderveröffentlichungen gemacht", so Sprecherin Heike Klumpe.

Gleichwohl sind sich Branchenbeobachter einig, dass sich der Wettbewerb um wechselwillige Kunden künftig nicht an Plakatwänden, sondern primär im Internet entscheiden wird: "Digitale Präsenz wird für die Konzerne immer wichtiger, da sich die Bundesbürger zunehmend im Netz über Stromtarife informieren.

Suchmaschinen-Marketing wird erheblich an Bedeutung gewinnen", erwartet Thomas Stollberger, Chef des Stromverbraucher-Portals Verivox. Der Experte sieht in dieser Entwicklung vor allem eine Chance für die kleineren Stromanbieter, die auf diese Weise auch ohne große Werbebudgets gegenüber den Verbrauchern Flagge zeigen können.

Auch bei "E wie einfach" ist die Website Dreh- und Angelpunkt der Kundenakquise. Auf wolkige Markenversprechen wird weitgehend verzichtet, Sprache und Grafik des nahezu farbfreien Netzauftritts fallen spartanisch aus.

Konzentration auf den konkreten Verbrauchernutzen

Nach Jahren produktferner Image-Werbung konzentriert sich die Branche somit erstmals wieder stärker auf den konkreten Verbrauchernutzen und die Darstellung des Preis-Leistungs-Verhältnisses.

"Die größte Angst der Deutschen ist die vor steigenden Lebenshaltungskosten. Bei Energie wünschen sich die Verbraucher günstigere Preise und stabile Angebote mit planbaren Ausgaben", glaubt "E wie einfach"-Geschäftsführerin Marie-Luise Wolff.

Das neue Engagement der Stromkonzerne ist jedoch weniger den finanziellen Nöten vieler Bundesbürger als aktuellen Forderungen aus Brüssel geschuldet. Mit ihren neuen Töchtern wollen Konzerne wie e.on und RWE sich vor allem für künftige Strukturveränderungen in Form bringen.

Der Druck der EU wird bleiben

EU-Präsident José Manuel Barroso fordert seit längerem mehr Wettbewerb und will die deutschen Energiekonzerne zwingen, ihre Netze zu verkaufen und nur noch als Stromerzeuger zu agieren - eine Forderung, gegen die sich die Bundesregierung bisher nicht wehrt. Der Druck der EU wird indes bleiben.

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