Die Sicherheitskonferenz in München wird in diesem Jahr von einem Thema beherrscht: dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und dessen Folgen. Und das, so Bill Gates, auch zurecht. Doch der Microsoft-Gründer ist nach München gereist, um im Rahmen der Munich Economic Debates, einer Veranstaltungsreihe des Ifo-Instituts und der Süddeutschen Zeitung, dafür zu plädieren, dass ein anderes Thema nicht in Vergessenheit gerät. Gates sorgt sich um den afrikanischen Kontinent.
"Wir gehen davon aus, dass jedes Leben auf der Welt gleich viel wert ist", sagt Bill Gates. Und nirgendwo sei es so leicht, Leben zu retten wie in Afrika. So sterben dort immer noch viele Kinder an den Folgen einer Rotavirus-Infektion, für die seit Jahren Impfungen existieren. Doch auf dem Kontinent haben viele Menschen keinen Zugang zu dem Impfstoff. Kinder in der entwickelten Welt dagegen werden geimpft, obwohl es wegen der besseren medizinischen Versorgung extrem unwahrscheinlich sei, dass sie im Fall einer Infektion sterben. Solche Probleme versucht Gates mit seiner Stiftung und anderen Partnern zu lösen. Dass die Kindersterblichkeit in Subsahara-Afrika in den vergangenen Jahren von über 20 Prozent auf zehn Prozent gesunken, sieht Gates als eine der großen Errungenschaften der Menschheit.
Doch diese Fortschritte seien in Gefahr. "Ich fürchte, dass sich der Trend in den nächsten Jahren verlangsamen oder sogar umkehren wird", sagt Gates. Der Krieg in der Ukraine sorge dafür, dass die Aufmerksamkeit des Westens sich verschiebe, auch die Budgets für Entwicklungszusammenarbeit in Afrika drohten zu schmelzen. Dabei sei der Kontinent gerade jetzt von vielen Problemen gleichzeitig betroffen: Klimaerwärmung, Energiekrise, Nahrungsmittelsicherheit und nicht zuletzt die massiven Zinsanstiege, die es schwieriger machen, Staatsschulden zu begleichen.
Investitionen sind auch für Gastgeber Clemens Fuest ein Teil der Lösung
"Wir halten uns an unsere Versprechen", sagt dazu Jutta Urpilainen, EU-Kommissarin für Entwicklung, aufgrund des Flughafen-Streiks in München virtuell aus Brüssel zugeschaltet. "Der Krieg findet zwar auf europäischem Boden statt, aber wir wissen, dass die dadurch ausgelöste Krise ein globale ist - und unsere Partner in Afrika darunter leiden." Die EU versuche zudem, im Rahmen des "Global Gateway"-Programms private Unternehmen dazu zu bewegen, in Afrika zu investieren.
Investitionen sind auch für Gastgeber Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, ein Teil der Lösung. In Subsahara-Afrika leben eine Milliarde Menschen, doch Deutschland etwa treibe mehr Handel mit Irland, wo nur fünf Millionen leben. Das Potenzial sei also gewaltig. Europa müsse dabei jedoch seine Prioritäten an afrikanische Bedürfnisse angleichen, so Fuest. So drehten sich viele Gespräche in Europa derzeit darum, Afrika grüner und digitaler machen, doch das seien europäische Prioritäten. Für afrikanische Länder seien Investitionen in Nahrungsproduktion und Gesundheit womöglich deutlich wichtiger.