Bilfinger:Chef gesucht

Bilfinger

Auf dem Weg nach draußen: Der Vorstandsvorsitzende des Bau- und Industriedienstleisters Bilfinger, Per Utnegaard.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Wieder einmal trennt sich der Baudienstleister von einem Chef. Der Norweger Per Utnegaard gibt seinen Posten auf, wie vor ihm schon Roland Koch, der frühere hessische Ministerpräsident. Nun wird fieberhaft nach Ersatz gesucht.

Von Karl-Heinz Büschemann

Eine Wohnung hatte sich Per Utnegaard noch nicht gesucht. Der Chef des Mannheimer Bau- und Industriedienstleisters Bilfinger lebte seit seinem Jobantritt am 1. Juni vergangenen Jahres im Hotel. Jetzt hat sich die Wohnungsfrage für den 57-Jährigen erledigt. Er verlässt seinen Posten. Der Bilfinger-Aufsichtsrat gab am Mittwoch überraschend bekannt, dass Utnegaard das Krisenunternehmen verlässt. "Aus persönlichen Gründen", wie es offiziell heißt, und im gegenseitigen Einvernehmen.

Doch das Ausscheiden des Managers ist vor allem die Folge von Konflikten zwischen ihm und dem Aufsichtsrat über die Strategie und über die Führungskultur. Der Aktienkurs von Bilfinger verlor in einem extrem positiven Börsenumfeld am Mittwoch fast fünf Prozent. Das zeigt, dass die Lage bei Bilfinger unübersichtlich bleibt. Das Unternehmen hat allein in den vergangenen zwölf Monaten ein Drittel seines Börsenwertes eingebüßt. Eigentümer, vor allem der schwedische Großaktionär und Finanzinvestor Cevian, der ein gutes Viertel der Aktien hält, und das Management waren sich offenbar über den Weg des Unternehmens nicht einig. Zuletzt war aus dem Aufsichtsrat gedrungen, Aufsichtsratschef Eckhard Cordes und der Vorstandschef seien über wichtige Fragen unterschiedlicher Meinung.

Sicher ist: Der Norweger in Mannheim hat in seiner Amtszeit für viel Unruhe gesorgt. Zudem ist es ihm nicht gelungen, den schlingernden Konzern, der für das vergangene Jahr einen Verlust von fast einer halben Milliarde Euro melden musste, wieder auf klaren Kurs zu bringen. Anfangs verbreitete er noch die unverbrauchte Entschlussfreude eines Außenseiters, der die Probleme analysiert und anpackt. Das Unternehmen sei "viel zu kompliziert", sagte er. Im Sommer 2015 sagte Utnegaard, die beiden großen Unternehmensteile Immobilienmanagement sowie Industrie hätten keine Gemeinsamkeiten. "Da gibt es keine Synergien." Damit distanzierte er sich deutlich von der Strategie seines Vorgängers Roland Koch. Man brauche einen klaren Fokus, sagt Utnegaard.

Doch darüber kam er nicht hinaus. Eine eigene Strategie blieb er schuldig. Seit Oktober vertröstet er Aktionäre und die 56 000 Mitarbeiter, ohne mitzuteilen, was er genau plant. Anfang des Jahres gab er überraschend bekannt, dass es ein Kaufangebot gebe für den Bereich Immobilienmanagement, der für etwa die Hälfte des Umsatzes steht. Doch bis heute hat er keinen Käufer präsentiert. Inzwischen verfestigt sich der Eindruck, zu dem Verkauf werde es nicht mehr kommen. Ein solches Ergebnis sei denkbar, ist bei Bilfinger zu hören. Aber Utnegaard stand da als ein Manager, der seine Konzernstrategie davon abhängig macht, welche Teile des Unternehmens er so schnell wie möglich zu Geld machen kann und welche bei Bilfinger bleiben.

Die Schweden sind mit dem Geschäftsverlauf schon seit einiger Zeit unzufrieden

Mit diesem Anschein von Unentschlossenheit hatte sich Utnegaard offenbar beim Aufsichtsratsvorsitzenden Cordes unbeliebt gemacht. Auch bei den Arbeitnehmervertretern und bei einigen Mitgliedern der Kapitalseite im Aufsichtsrat war Utnegaards Plan, den Bereich Gebäudemanagement zu verkaufen, auf Widerstand gestoßen. Dieses Geschäft hatte Utnegaard selbst als erfolgreich bezeichnet.

Der frühere Daimler-Manager Cordes ist seit dem vergangenen Jahr Vorsitzender des Aufsichtsrates und vertritt stark die Interessen des schwedischen Großaktionärs Cevian, an dem Cordes als Partner beteiligt ist. Die Schweden sind mit dem Geschäftsverlauf bei Bilfinger schon seit einiger Zeit unzufrieden. Im August 2014 hatten sie dafür gesorgt, dass der Vorstandschef Roland Koch gefeuert wurde. Dem früheren Ministerpräsidenten von Hessen war es nicht gelungen, den verästelten Konzern erfolgreich zu machen. Doch die Schweden hatten damals keinen Nachfolger. Zunächst musste Kochs Vorgänger Herbert Bodner den Posten wieder übernehmen. Eine wenig durchdachte Lösung. Auch für Utnegaard gibt es noch keinen Ersatz. Einstweilen springt Finanzchef Axel Salzmann ein. Man sei in Gesprächen mit Kandidaten. Den Nachfolger für Utnegaard werde er "in Kürze" präsentieren, sagte Cordes am Mittwoch, das gelte auch für die Strategie des Unternehmens. Mal wieder.

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