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Bilanzkorrektur notwendig:Korruptionsaffäre kommt Siemens teuer

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Da es sich bei "Provisionszahlungen" ohne bekannten Empfänger möglicherweise um Schmiergeld handelt, nimmt Siemens diese vorsorglich aus der Bilanz. Die dadurch fälligen Steuern verursachen zusätzliche Kosten von 73 Millionen Euro.

Der von einem Korruptionsskandal gebeutelte Siemens-Konzern hat wegen der Affäre jetzt seine Geschäftszahlen des vergangenen Jahres korrigieren müssen.

Untersuchungen hätten für die vergangenen sieben Jahre einen zusätzlichen Steueraufwand von rund 168 Millionen Euro ergeben, teilte die Siemens AG am Montagabend nach einer Aufsichtsratssitzung mit.

Für das abgelaufene Geschäftsjahr 2005/06 (30. September) führte dies dazu, dass der Gewinn auf 3,033 Milliarden Euro nach unten korrigiert werden musste. In den vorläufigen Zahlen hatte Siemens 3,106 Milliarden Euro angegeben.

"Keinerlei Toleranz" von Kleinfeld

Der Siemens-Aufsichtsrat hatte zuvor eine Überprüfung der internen Kontrollsysteme beschlossen. "Siemens duldet absolut kein ungesetzliches oder regelwidriges Verhalten von Mitarbeitern. Hier gibt es keinerlei Toleranz", sagte Siemens-Chef Klaus Kleinfeld.

Eine internationale Anwaltskanzlei und der Mitbegründer von Transparency International, Michael J. Hershman, sollen helfen, die Kontrollsysteme zu verbessern.

Die Münchner Staatsanwaltschaft verdächtigt rund ein Dutzend Beschuldigte, etwa 200 Millionen Euro von Siemens in schwarze Kassen transferiert zu haben. Damit sollen Schmiergelder für Auslandsaufträge bezahlt worden sein.

Korrektur der Bilanzen

In Folge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien "auf Grundlage interner Untersuchungen zu bestimmten Transaktionen und Zahlungen Anpassungen" vorgenommen worden, hieß es nun. Der Konzern geht von deutlich höheren latenten und laufenden Steueraufwendungen in den vergangenen Jahren aus.

Nach Einschätzung von Beobachtern könnte dies zum Beispiel für "Provisionszahlungen" gelten, die nun als mögliche Schmiergeldzahlungen nicht mehr von der Steuer absetzbar seien. Die steuerliche Abzugsfähigkeit sei in vielen Fälle jedenfalls von einem nachgewiesenen Empfänger abhängig.

73 Millionen Euro Mehrbelastung

Für die Jahre 2004 bis 2006 verbuchte der Konzern nun im abgelaufenen Geschäftsjahr steuerliche Mehrbelastungen von 73 Millionen Euro, die den Gewinn entsprechend belasteten. Die Belastungen in den Jahren zuvor wurden mit dem Eigenkapital verrechnet.

Die Affäre dreht sich unter anderem um mögliche Schmiergeldzahlungen vor den Olympischen Spielen in Athen. Der frühere Siemens-Spitzenmanager in Griechenland, Prokopis Mavridis, erklärte sich am Montag bereit, acht Millionen Euro an das Münchner Unternehmen zurückzuzahlen. Siemens und Mavridis haben sich nach Worten des Rechtsanwaltes des Ex-Top-Managers, Themistoklis Sofos, außergerichtlich auf die Rückzahlung geeinigt.

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dpa
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