Bike 24:Mit dem Rad aufs Parkett

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Der Bike 24-Laden auf der Kesselsdorfer Straße in Dresden. (Foto: Sven Ellger/Imago)

Der Börsengang des Fahrrad-Internetversenders Bike 24 verläuft ruckelig. Dabei schienen die Startbedingungen optimal zu sein.

Von Harald Freiberger

Im Radsport würde man sagen, dass der Fahrer auf der Zielgeraden zurückgefallen ist. Vor gut zwei Wochen verkündete Andres Martin-Birner, der Chef des Online-Fahrradhändlers Bike 24, dass sein Unternehmen an die Börse geht. Die Startbedingungen schienen ideal: Bike 24 wächst seit der Gründung 2002 beim Umsatz jedes Jahr zweistellig und profitierte obendrein vom Radboom in der Corona-Pandemie. Dazu ist das Klima für Börsengänge derzeit ausgezeichnet.

Das Rennen aufs Börsen-Parkett verlief für Martin-Birner zunächst auch gut, nur am Ende gab es einen kleinen Rückschlag: Der Preis für die Aktie, den er am Dienstagabend verkündete, liegt bei 15 Euro. Das ist das untere Ende der Preisspanne, die bis 19 Euro reichte - ein Zeichen dafür, dass die Nachfrage nicht rekordverdächtig war. Bike 24 nimmt durch eine Kapitalerhöhung 100 Millionen Euro ein, 222 Millionen Euro fließen an den Mehrheitseigentümer Riverside, eine US-Beteiligungsgesellschaft. Insgesamt ist Bike 24 nun 662 Millionen Euro wert. Ab Freitag wird die Aktie an der Börse gehandelt.

Im Sport würde man aber sagen: Die Saison ist noch lang. Martin-Birner hat noch viele Chancen, seine Erfolgsgeschichte fortzusetzen. Sie erzählt von jemandem, dem es gelungen ist, sein Hobby mit beruflichen Ambitionen zu verknüpfen. Er wurde 1974 geboren und ist in Karl-Marx-Stadt aufgewachsen, dem heutigen Chemnitz. "Leistungssport wurde in der DDR staatlich gefördert", erzählt er. Als er neun Jahre alt war, gab es eine Sichtung an seiner Schule, man meinte, er wäre für Radsport talentiert. Sechs Jahre lang war Martin-Birner in der Leistungsauswahl, trainierte vier- bis fünfmal in der Woche, am Wochenende fuhr er Rennen. "Mein größter Erfolg war ein vierter Platz bei der Bezirksmeisterschaft, die Urkunde liegt noch irgendwo in der Kiste", sagt er.

Bike 24 richtet sich vor allem an begeisterte Hobbysportler

Martin-Birner war für die DDR-Meisterschaft zugelassen, doch ein gebrochener Daumen nach einem Sturz bedeutete einen Rückschlag. Mit 15 Jahren hörte er mit dem Leistungssport auf und konzentrierte sich auf die Schule. Er studierte Betriebswirtschaft und gründete 1999 mit einem Freund eine Internet-Plattform für Automobilzulieferer und Maschinenbauindustrie. Nebenher fuhr er als Hobby immer weiter Rennrad - und so kam er 2002 auf die Idee, Online-Erfahrung und Hobby zu verbinden.

Er gründete Bike 24 schon damals mit Blick auf den internationalen Markt. Das Unternehmen verschickt übers Internet Räder, Zubehör und Kleidung. "Wir sind vor allem ein Anbieter für begeisterte Hobby-Sportler, die auch gern mal an ihren Rädern schrauben", sagt Martin-Birner. Als größten Vorteil seines Unternehmens sieht er das gewaltige Lager mit 40 Fahrrad-Marken, das kurze Lieferzeiten von maximal ein, zwei Tagen ermöglicht.

Bemerkenswert ist, dass der Internetversender bisher 90 Prozent seines Umsatzes mit Zubehör und Teilen macht, nur zehn Prozent mit kompletten Fahrrädern. Das Sortiment ist riesig: Es gibt Flaschenhalter aus Alu für vier Euro bis hin zu solchen aus farbigem Karbon für 100 Euro. Pedale sind ab 34 Euro zu bekommen, es gibt aber auch welche, die 750 Euro kosten - mehr als viele Bundesbürger für ein komplettes Fahrrad ausgeben würden.

Bastler können sich einen Werkzeugkoffer mit 90 verschiedenen Werkzeugen für 1190 Euro schicken lassen - oder eine elektrische Mini-Entlüftungspumpe für Scheibenbremsen. "Wir haben alles von der Speiche bis zum 10 000-Euro-Rad", sagt Martin-Birner. Die Kunden schätzten diese große Auswahl. In der Regel wüssten sie auch genau, was sie wollen. Deswegen werde der stationäre Fahrradhandel, in dem sich Kunden umsehen können, auch weiter seine Berechtigung haben, "das ist eine gute Symbiose".

Allein 2020 wurden in Deutschland fünf Millionen Räder gekauft, in Europa 20 Millionen. Bike 24, das seinen Stammsitz in Dresden hat, machte mit 400 Mitarbeitern knapp 200 Millionen Euro Umsatz und 27 Millionen Euro Ebitda-Gewinn. Die Einnahmen aus dem Börsengang will Martin-Birner vor allem nutzen, um in Ländern wie Frankreich und Italien weiter zu expandieren. Das Rennen geht weiter.

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