Big Data:Apple gegen Staat

File photo of a customer entering the new Apple store, which is the world's largest, on its opening day at Covent Garden in London

London will die Überwachung verschärfen - Apple wehrt sich.

(Foto: Suzanne Plunkett/Reuters)

Apple will Großbritannien nicht dabei helfen, auf Kundendaten zuzugreifen. Der Konzern wehrt sich gegen die staatliche Überwachung.

Von Hakan Tanriverdi, New York

Apple geht mit aller Macht gegen geplante Überwachungsmaßnahmen in Großbritannien vor, die als "Schnüfflergesetz" bezeichnet werden. Bis Montagabend konnten Firmen und Gruppen Kommentare zu dem Gesetzesvorhaben einreichen. Apple lieferte acht Seiten, sie liegen der SZ vor. Das Papier zeigt, dass sich der Konzern stark gegen westliche Sicherheitsapparate wehrt, so, wie zuvor schon Google und Facebook.

Das Gesetz, die sogenannte Investigatory Powers Bill (IPB), sieht vor, dass Internetanbieter für zwölf Monate speichern müssen, welche Webseiten ihre Kunden wann aufgerufen haben. Außerdem sollen Unternehmen dazu aufgefordert werden können, die Verschlüsselung eigener Produkte aufzuheben. Und sie sollen sogar verpflichtet werden, Behörden dabei zu helfen, die eigenen Kunden zu hacken. Das Parlament wird wohl im kommenden Frühjahr über das geplante Gesetz entscheiden. Mit seinem Brief versucht Apple, das Ergebnis zu beeinflussen.

Der Konzern weist darauf hin, dass sich Hunderte Millionen Kunden auf sein Versprechen verließen, ihre Daten seien sicher. Ein Blick auf Cyberangriffe zeige, dass diese immer ausgefeilter würden. "Um diese Form der Gefahren zu bannen, ist eine stärkere - nicht schwächere - Verschlüsselung der beste Weg", heißt es in dem Brief. Das Gesetzesvorhaben bedrohe Bürger, die sich an geltendes Recht hielten, mit dem Ziel "ein paar böse Akteure zu bekämpfen". Das sei unverhältnismäßig.

Die Diskussion um Verschlüsselung wird mittlerweile international geführt. Ermittler brauchen die Tech-Konzerne, über die ein großer Teil der privaten Kommunikation abläuft. Das IPB in Großbritannien ist einer der vielen Versuche, sie unter Druck zu setzen. Apple, Google und Facebook fürchten, das Vertrauen ihrer Kunden, und damit Umsätze, zu verlieren, sollten sie ihre Verschlüsselung schwächen. Kryptografie-Experten betonen, dass Verschlüsselung ein Nullsummenspiel ist. Entweder alle profitieren davon - oder niemand.

Die Konzerne aus dem Silicon Valley setzen auf unterschiedliche Formen der Verschlüsselung. Sie sichern zum Beispiel die Übertragung einer Botschaft ab: Wer die Kommunikation mitschneiden kann, sieht nur unlesbare Zahlenfolgen. Die Nachricht selbst liegt jedoch im Klartext auf den Servern des Unternehmens, dessen Dienste ein Kunde nutzt. Sie kann mit Erlaubnis eines Richters von Behörden eingesehen werden. Außerdem gehen Firmen dazu über, Nachrichten und andere Datenübertragung komplett zu schützen, indem Nachrichten entweder Ende-zu-Ende verschlüsselt werden (nur Absender und Empfänger können mitlesen) oder Daten beim Sperren der Geräte in unlesbarem Zustand abgespeichert werden. Wenn Nutzer es darauf anlegen, können sie ihre Daten also relativ gut dem Zugriff entziehen.

Auch das FBI behauptet, auf die Unterstützung der Konzerne angewiesen zu sein

Am liebsten wären Ermittlern und Sicherheitspolitikern Hintertüren: Experten sprechen von einer "Backdoor", die für FBI und andere Behörden offenstünde - aber eben auch für Angreifer, für die sie eigentlich nicht gedacht wären. Apple warnt, dass diese Zugänge unsicher seien: "Einen Schlüssel unter dem Fußabtreter würden auch Menschen mit schlechten Absichten finden."

In den USA meldete sich zuletzt FBI-Chef James Comey zu Wort: Seine Behörde tappe zunehmend im Dunkeln und sei darauf angewiesen, dass Apple bei der Entschlüsselung von Daten helfe. Diese Sicht zweifelt Apple in seinem Schreiben grundsätzlich an: "Strafverfolgungsbehörden haben heutzutage Zugang zu mehr Daten als je zuvor", und zwar schon jetzt zu "Daten, die sie nutzen können, um Terroranschläge zu verhindern, Verbrechen aufzuklären und Täter zur Rechenschaft zu ziehen."

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