Bienensterben:EU-Länder verbieten umstrittene Pestizide

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Eine Biene sammelt an Kirschblüten Pollen, den sie an ihren Hinterbeinen befestigt. Die Pestizide können das Bienengehirn so beeinträchtigen, dass sie nicht mehr zu ihren Stöcken zurückfinden.

(Foto: AFP)

Sie verlieren die Orientierung und können sich nicht mehr um den Nachwuchs kümmern: Pestizide haben verheerende Auswirkungen auf das Bienengehirn. Nun hat sich die EU dazu durchgerungen, bestimmte Pflanzenschutzmittel zu verbieten.

Gute Nachrichten für Umweltschützer und Imker: Für einen besseren Schutz von Bienen haben sich die EU-Mitgliedsstaaten mehrheitlich für ein Teilverbot von drei umstrittenen Pestiziden ausgesprochen. Angaben von EU-Diplomaten zufolge stimmten 15 Staaten für das Verbot, darunter auch Deutschland. Damit liegt die Entscheidung nun bei der EU-Kommission, die ein Verbot befürwortet.

Die hatte bereits im Januar vorgeschlagen, Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam zu verbieten. Zuvor hatten mehrere Studien gezeigt, dass die Pflanzenschutzmittel aus der Gruppe der Neonikotinoide die Orientierungsfähigkeit der Insekten, ihre Lernfähigkeit und den Erfolg beim Futtersammeln beeinträchtigen können. Somit gelten die weit verbreiteten Mittel als ein Auslöser des Bienensterben.

Bienensterben 2008

Erst kürzlich fanden Forscher der University of Dundee heraus, dass die Stoffe die Funktion des Bienenhirns schädigen können. Die Chemikalien legen Nervenzellen lahm. Die Folgen sind verheerend: Die Tiere finden nicht zurück zu ihren Stöcken, können ihren Artgenossen nicht mehr per "Bienentanz" den Weg zu neuen Futterquellen weisen oder sie sind nicht mehr in der Lage, sich um den Nachwuchs zu kümmern.

In den Fokus gerieten die Mittel in Deutschland bereits 2008. Damals starben Zehntausende Bienenvölker. Verantwortlich dafür war das Insektizid Clothianidin der Firma Bayer CropScience.

Der Umweltorganisation BUND zufolge wurde das clothianidinhaltige Saatgutbehandlungsmittel Poncho zusammen mit einem Haftmittel auf die Saatkörner aufgetragen. Bei der Maisaussaat hätte es direkt in den Boden gelangen sollen. Doch der Wirkstoff wurde auf benachbarte Äcker geweht und dort von Bienen aufgenommen, die kurze Zeit später in Massen starben.

Die Bundesregierung untersagte daraufhin die Saatgutbehandlung für Mais und Getreide mit diesen Insektiziden. Der BUND forderte jedoch ein vollständiges Verbot, da sich die Stoffe in Boden und Grundwasser ablagerten, auch andere Insekten als Bienen daran starben und die Mittel somit auch für den Hungertod vieler Vögel verantwortlich seien.

Konzerne versuchten es mit Bienen-"Aktionsplan"

Zu Beginn des Jahres warnte auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit vor "etlichen Risiken für Bienen" durch die vor allem von Bayer CropScience und dem Schweizer Syngenta-Konzern hergestellten Stoffe Clothianidin, aber auch Imidacloprid und Thiamethoxam.

EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg reagierte mit dem Vorschlag, sie beim Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps sowie Baumwolle für vorerst zwei Jahre zu verbieten.

Daraufhin gingen die Konzerne mit einem Bienen-"Aktionsplan" in die Offensive, der etwa Investitionen in die Bekämpfung von Krankheitserregern vorsieht. "Denn die schlechte Gesundheit von Bienen und der Verlust von Völkern hat eine Vielzahl von Faktoren: Das ist neben schlechten Umweltbedingungen ganz besonders die Varroa-Milbe", sagt ein Sprecher von Bayer CropScience unter Verweis auf wissenschaftliche Studien.

Die Kritik der einflussreichen Agrarriesen an den Vorschlägen Borgs hat in einigen EU-Staaten offenbar gefruchtet: Im März ergab eine erste Abstimmung weder eine klare Mehrheit für noch gegen das Teilverbot. Deutschland enthielt sich. Außerdem erhielten Landwirte in einer Reihe von Bundesländern vorübergehend die Genehmigung, Chlothianidin anzuwenden, um einen kleinen Teil der Mais-Anbaufläche vor dem Drahtwurm zu schützen.

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