BGH-Urteil:Vergleichsportale müssen auf Lücken im Angebot hinweisen

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Wenn Vergleichsportale nur Anbieter auflisten, die dafür Provisionen zahlen, muss dieses Geschäftsmodell für Nutzer erkennbar sein. Dieses Urteil des BGH ist wegweisend für Preisvergleiche im Netz.

Von Benedikt Müller und Jan Schmidbauer, München

Deutschlands oberste Richter verpflichten Vergleichsportale zu mehr Transparenz. Wenn die Plattformen nur Angebote von Unternehmen auflisten, die dafür eine Provision zahlen, muss dieses Geschäftsmodell für den Nutzer erkennbar sein, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe (Aktenzeichen I ZR 55/16). Andernfalls würden die Portale das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) brechen.

Im konkreten Fall ging es um das Portal Bestattungsvergleich.de, das Angebote verschiedener Bestatter gegenüberstellt. Der Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) verklagte das Portal und warf ihm mangelnde Transparenz vor. Der Grund: Das Unternehmen listet bislang nur Anbieter auf, die ihm eine Provision zahlen. 15 bis 17 Prozent des Angebotspreises geben die teilnehmenden Bestatter ab, wenn ihnen das Portal neue Kundschaft vermittelt. Für die Nutzer sei dieses Geschäftsmodell nicht einsehbar, kritisiert der BDB. Genau das müssen die Webseiten aber gewährleisten, stellte der BGH nun grundsätzlich fest: Verbraucher nutzten Preisvergleichsportale, um einen schnellen Überblick über Anbieter und Preise zu erhalten. Sie gingen nicht davon aus, dass nur Anbieter einbezogen werden, die Provisionen zahlen. Deshalb müssten Portale gezielt darauf hinweisen, wenn sie andere Anbieter ausschließen. Das Urteil gilt als wegweisend für die Branche. Es ist das erste Mal, dass sich Deutschlands höchste Richter mit dem Geschäftsmodell eines Vergleichsportals beschäftigt haben. Unternehmen wie Check 24 oder Verivox haben viel Transparenz und Wettbewerb in den Markt gebracht. Für Kunden ist es durch die Portale viel leichter geworden, den Stromanbieter oder die Autoversicherung zu wechseln. Oft übernehmen sie auch noch den Papierkram. Dennoch stehen die Plattformen häufiger in der Kritik.

Verbraucherschützer bemängeln, dass die Portale nicht ausreichend darüber informieren würden, wie sie ihr Geld verdienen: Viele Versicherungen oder Stromanbieter zahlen Provisionen für jeden neuen Kunden, den die Portale ihnen vermitteln. Miika Blinn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen hat nichts gegen die Provisionen, warnt aber vor intransparenten Angeboten: "Zahlungen können legitim für die Vermittlung sein", sagt Blinn, "in keinem Fall jedoch für das Erkaufen von Rankings oder Spitzenplätzen in der Ergebnisanzeige."

Der Fall des Bestattungsportals geht noch weiter: Dort erscheinen Anbieter, die keine Provision zahlen, gar nicht erst auf der Vergleichsliste. Das Provisionsmodell sei daher eine "wesentliche Information", die der Verbraucher für seine Entscheidung benötige, argumentierte der Kläger. Laut UWG ist es irreführend, solche wesentlichen Informationen zu verheimlichen. Weil die Nutzer des Bestatter-Vergleichs auch noch in einer "emotionalen Ausnahmesituation" handelten, seien besonders hohe Anforderungen zu stellen, so der Bestatterverband. Der BGH schloss sich der Argumentation an. Die Betreiber hatten dagegen argumentiert, dass das Portal weder Vollständigkeit noch Unabhängigkeit verspreche. Wer auf einer werbefreien Webseite einen kostenlosen Service in Anspruch nehme, müsse zu dem Schluss kommen, dass dann wohl jemand anderes bezahle. Große Vergleichsportale wie Check 24 oder Verivox betonen, dass die Höhe der Provisionen bei ihnen keinen Einfluss auf das Ranking habe. Eine Suche auf den Portalen zeigt allerdings, dass es nicht immer der billigste Anbieter ist, der den obersten Platz belegt: Beim Strompreis-Vergleich von Check 24 etwa landen sogenannte "Best Seller"-Tarife vor dem günstigsten Anbieter. Verivox arbeitet mit einer "Position Null": Oberhalb des günstigsten Angebotes stehen häufig Inserate für teurere Tarife, die allerdings als bezahlte Anzeigen gekennzeichnet werden.

Verbraucherschützer haben zuletzt gar gefordert, dass die Portale ihre Provisionen offenlegen sollen. Dagegen wehren sich viele Anbieter jedoch. Das wäre eine Diskriminierung der Vergleichsportale, sagt etwa Dagmar Ginzel, Geschäftsführungsmitglied von Verivox. Schließlich müssten die Konkurrenten aus der analogen Welt, also Versicherungsmakler oder Reisebüros, ihre Margen auch nicht preisgeben.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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