BGH:Birkenstock-Sandalen sind keine Werke der angewandten Kunst

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Schuhe von Birkenstock in einem Geschäft. (Foto: IMAGO/Pond5 Images)

Das Unternehmen hatte gegen drei Konkurrenten geklagt, deren Modelle den eigenen sehr ähneln. Nun entscheiden die Richter: Birkenstock-Sandalen sind nicht urheberrechtlich geschützt.

Was Kunst ist, liegt zwar oft im Auge des Betrachters, manchmal braucht es aber doch eine objektive Beurteilung. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass Birkenstock-Sandalen keine Werke der angewandten Kunst und damit auch nicht urheberrechtlich vor Nachahmungen geschützt sind.

Für einen Urheberrechtsschutz reiche ein rein handwerkliches Schaffen mit formalen Gestaltungselementen nicht aus, betonte das Gericht. Vielmehr müsse ein Gestaltungsspielraum in einem bestimmten Maß künstlerisch ausgeschöpft werden. Das sei bei den Birkenstock-Sandalen nicht festgestellt worden. Mit seinem Urteil wies der BGH eine Klage des Unternehmens gegen Nachahmer ab. Die Konkurrenzprodukte müssen nicht vom Markt genommen werden. Die Vorinstanzen waren sich in der Frage uneinig.

Birkenstock hatte gegen drei Konkurrenten geklagt, die Sandalenmodelle verkauften, die den eigenen sehr ähneln. Der Schuhhersteller mit Hauptsitz in Linz am Rhein in Rheinland-Pfalz sieht darin einen Verstoß gegen das Urheberrecht. Denn die Birkenstock-Sandalen seien Werke der angewandten Kunst, die nicht einfach nachgeahmt werden dürften.

Konkret ging es am BGH um vier Modelle. Dem Unternehmen nach sind es die Klassiker, die Verbraucherinnen und Verbraucher typischerweise mit der Marke in Verbindung bringen:

  • „Arizona“ (die Sandale mit zwei breiten Riemen, die 2023 im Hollywood-Film „Barbie“ besondere Erwähnung fand)
  • „Madrid“ (mit einem Riemen)
  • „Gizeh“ (mit Zehentrenner)
  • „Boston“ (Clog)
Die Birkenstock-Sandalen „Madrid“, „Arizona“, „Gizeh“ und „Boston“ (v.l.n.r.) (Foto: Birkenstock Group/picture alliance/dpa/Birkenstock)

Das Urheberrecht verleiht dem Schöpfer eines Werkes zunächst die exklusiven Nutzungsrechte an diesem Objekt. Dritte dürfen es also nicht ohne Erlaubnis wiedergeben oder vervielfältigen. Der Schutz bleibt bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers bestehen. Anders als etwa das Patent- oder Designrecht dient das Urheberrecht dem Schutz kreativer Leistungen. Urheberrechtlich geschützt sind somit etwa Schriftwerke, Filme, Computer-Programme und Werke der bildenden oder angewandten Kunst.

Dass auch herausragendes Design von Gebrauchsgegenständen urheberrechtlich geschützt sein kann, sei im Urheberrecht seit Jahrzehnten anerkannt, erklärte Birkenstock-Anwalt Konstantin Wegner vor der Verhandlung im Januar. Das hätten Gerichte bereits etwa zu Leuchten im Stil der Bauhaus-Kunstschule, Möbeln des Architekten und Designers Le Corbusier und einem Porsche-Modell entschieden.

Der Unterschied zwischen Design und Kunst

Den Klägern zufolge sind es sowohl einzelne Elemente wie Schnallen, Materialien oder die Riemenführung, als auch die Kombination dieser Elemente, die die vier Sandalenmodelle zu Werken der angewandten Kunst machten und den Urheberrechtsschutz begründeten. Das Design von Erfinder Karl Birkenstock im Stil Brutalismus sei einmalig gewesen, als die Klassiker zuerst erschienen.

Der juristische Unterschied zwischen Design und Kunst besteht darin, dass sich Design aus Form, Material und Erscheinungsbild ergibt und eine Gebrauchsfunktion erfüllt. Bei Werken der angewandten Kunst muss die individuelle künstlerische Kreativität erkennbar sein, und die Gestaltung muss über die Funktionalität hinausgehen.

Birkenstock-Anwalt Konstantin Wegner sagte nach dem Richterspruch, die Sandalen hätten ein „ikonisches Design“ und kündigte weitere Verfahren an. In diesen Verfahren wolle man noch Argumente nachlegen. Einzelheiten nannte er zunächst nicht.

© SZ/dpa/Reuters/saul - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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