Kontogebühren:BGH stärkt Rechte der Bankkunden

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Viele Sparkassen haben in den vergangenen Jahren Briefe verschickt und ihre Kundschaft zur Zustimmung bei Preiserhöhungen aufgefordert. (Foto: Matthias Balk/picture alliance/dpa)

Girokonten sind in vergangenen Jahren häufig deutlich teurer geworden. Aber viele haben den Gebührenerhöhungen nie explizit zugestimmt. Dann kann man dem Bundesgerichtshof zufolge nun Geld zurückfordern – auch noch nach sehr langer Zeit.

Von Oliver Klasen

Viele Kundinnen und Kunden zahlreicher Banken und Sparkassen haben in den vergangenen Jahren einen Brief erhalten, der so oder so ähnlich klingen könnte: „Zum 1. Januar stellen wir unsere Produktpalette um und führen neue Kontomodelle ein. Bitte stimmen Sie den neuen Geschäftsbedingungen zu, damit unsere Partnerschaft in bewährter Weise fortgeführt werden kann.“ Der – kaum verhüllte – Zweck der Schreiben: Die Banken wollten sich von ihrer Kundschaft das Okay für zum Teil saftige Preiserhöhungen zusichern lassen.

Bereits im Jahr 2021 ist dazu ein wegweisendes Urteil vom Bundesgerichtshof (BGH) ergangen. Dieser entschied damals, dass Banken und Sparkassen die aktive Zustimmung ihrer Kundinnen und Kunden einholen müssen, wenn sie Gebühren erhöhen wollen. Jahrelang hatten die Geldinstitute das nicht getan und sich mit einem Trick beholfen. Widersprach der Kontoinhaber einer Erhöhung nicht innerhalb einer bestimmten Frist, gingen sie einfach von der stillschweigenden Zustimmung aus. Entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien rechtswidrig und damit unwirksam, so der BGH (Az. XI ZR 26/20).

Jetzt wurde in Karlsruhe erneut über die Kontoführungsgebühren verhandelt. Diesmal ging es um die Frage, wie lange Kundinnen und Kunden höhere Gebühren, denen sie nie explizit zugestimmt haben, zurückfordern können. Und erneut hat der BGH die Rechte der Verbraucher gestärkt. Sie könnten diese Gebühren auch nach langer Zeit noch beanstanden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie kam es in Karlsruhe überhaupt zu der Klage?

Durch einen Mann, der seine Sparkasse belangen wollte. Diese hatte von Anfang 2018 an plötzlich Gebühren für das bis dahin kostenlose Girokonto erhoben, allerdings ohne die aktive Zustimmung des Kunden. Im Juli 2021 – der Zeitpunkt ist entscheidend in diesem Fall – legte der Kontoinhaber Widerspruch ein und forderte eine Rückzahlung der zwischen 2018 und 2021 von der Sparkasse erhobenen Kontoentgelte.

In der Vorinstanz war der Mann mit seiner Klage gescheitert. Erst die Revision vor dem BGH war nun erfolgreich. Das Landgericht Ingolstadt war der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der Gebühren, weil er deren Erhebung erst nach mehr als drei Jahren beanstandet habe.

Die Frist von drei Jahren ist von den Richtern in Ingolstadt nicht willkürlich gesetzt, sondern bezieht sich auf ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2022. Damals ging es um Verträge mit Energieversorgern und die Frage, wie lange Verbraucherinnen und Verbraucher ihrer Ansicht nach zu Unrecht erfolgte Gebührenerhöhungen beanstanden können. Die Entscheidung damals: Sie haben drei Jahre Zeit, danach gibt es keinen Anspruch mehr.

Was hat das BGH jetzt konkret entschieden?

Der Umstand, dass ein Kunde die zu Unrecht erhobenen Gebühren mehr als drei Jahre lang widerspruchslos zahlte, führe nicht dazu, dass die Sparkasse das Geld behalten dürfe. Das urteilte der Senat in Karlsruhe. Die bei Energielieferungsverträgen angewandte sogenannte Dreijahreslösung finde hier keine Anwendung. Der BGH hob das Urteil des Ingolstädter Landgerichts auf und entschied, dass dem Kläger die Rückzahlung von 192 Euro in voller Höhe zustehe.

Sind Kontoführungsgebühren generell zu beanstanden?

Nein. „Grundsätzlich ist es nicht verwerflich, wenn Banken und Sparkassen dafür ein Entgelt verlangen“, sagt Christian Urban, Leiter der Gruppe Finanzen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. In den vergangenen Jahren haben viele Banken und Sparkassen ihre Gebühren erhöht und bieten nur noch in seltenen Fällen kostenlose Girokonten an. Und selbst wenn sie es noch tun, ist das zumeist an Bedingungen geknüpft. Etwa an einen regelmäßigen Gehaltseingang. Ein weiterer Trend ist, dass es noch mehr unterschiedliche Kontomodelle gibt als früher. Viele Banken bieten ein günstiges Basis-Konto an, bei dem nur eine begrenzte Anzahl von Buchungen kostenlos ist und alle weiteren Transaktionen bezahlt werden müssen. Bezahlen die Kunden mehr, bekommen sie ein Konto mit mehr Extras, bei dem alle Buchungen inklusive sind und es zum Beispiel noch eine Gratis-Kreditkarte dazu gibt.

Wie sollten Verbraucher reagieren, wenn die Bank die Gebühren erhöht?

Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten. Erstens: zustimmen und die höheren Gebühren akzeptieren. Zweitens: den Vertrag kündigen und sich, zumindest für das Girokonto, eine andere Bank suchen. Drittens: die Zustimmung verweigern. Im letzteren Fall riskiert man allerdings, dass die Bank kündigt. Selbst dann bliebe für die Suche nach einer neuen Bank genug Zeit, da das Institut eine mindestens zweimonatige Kündigungsfrist beachten muss.

Auch wenn man mit seiner Bank zufrieden ist und geneigt ist, etwas höhere Gebühren prinzipiell zu akzeptieren, lohnt aber ein Blick auf die Website der Bank oder ein Gespräch mit dem Kundenberater. Denn möglicherweise passt ein anderes Kontomodell besser zu den eigenen Bedürfnissen als das bisherige. Durch den Wechsel des Produkts könnte man also etwas Geld sparen.

Welche Auswirkungen könnte das jetzige BGH-Urteil haben?

Obwohl der BGH vor drei Jahren sehr verbraucherfreundlich geurteilt hat, sind die Banken bisher glimpflich davongekommen. Nur elf Prozent aller Kundinnen und Kunden haben von ihren Banken und Sparkassen bisher zu viel gezahlte Gebühren zurückgefordert. Das ergab eine Umfrage des Vergleichsportals Verivox vor einigen Monaten. Und das, obwohl 40 Prozent der Befragten angaben, der Preis für ihr Girokonto sei in den vergangenen Jahren gestiegen. Möglicherweise sehen sich durch das BGH-Urteil jetzt weitere Verbraucher ermutigt, bei ihren Banken Rückforderungen zu stellen.

Mit Material der Nachrichtenagentur dpa

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