BGH:Anleger blitzen ab

Griechenland-Anleger können in Deutschland keinen Schadenersatz für den Wertverlust ihrer Anleihen einklagen.

Von WOLFGANG JANISCH, Karlsruhe

Privatanleger können sich vermutlich kaum noch Hoffnungen machen, Verluste aus einem Zwangsumtausch griechischer Staatsanleihen im Jahr 2012 durch eine Schadenersatzklage wettmachen zu können. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat an diesem Dienstag entschieden, dass solchen Klagen der Grundsatz der Staatenimmunität entgegensteht. Danach kann ein Staat für "hoheitliche Akte" nicht vor den Gerichten anderer Staaten verklagt werden.

Als Konsequenz ist zahlreichen Anlegern der Weg zu den deutschen Gerichten verwehrt. Sie müssten sich allenfalls an die griechische Justiz halten, was allerdings schon wegen der langen Verfahrensdauern keine echte Alternative sein dürfte. Die Münchner Kanzlei CLLB vertritt mindestens hundert Kläger, bei der norddeutschen Kanzlei CausaConcilio sind es, wenngleich mit einer etwas anderen juristischen Begründung als in dem Karlsruher Verfahren, fast 300 Kläger.

In dem vom BGH verhandelten Fall hatten mehrere Anleger dagegen geklagt, dass ihre in den Jahren 2010 und 2011 gezeichneten griechischen Staatsanleihen durch eine Umschuldungsaktion um mehr als die Hälfte abgewertet wurden; ihr Anwalt Norbert Gross sprach daher lieber von einer "Entschuldung". Im Zuge der Restrukturierung des griechischen Staatshaushaltes hatte Griechenland per Gesetz geregelt, dass die Anleihebedingungen durch einen Mehrheitsentscheid der Anleger geändert werden konnten. Was dann auch in die Tat umgesetzt wurde: Die Anleihen wurden, weil vielen Anlegern der Spatz in der Hand lieber war, gegen Papiere mit einem um mehr als die Hälfte verringerten Nennwert eingetauscht. Der letzte Akt dieser Prozedur war ein Beschluss des griechischen Ministerrates, der den Umtauschbeschluss für verbindlich erklärte - womit die Papiere auch jener Anleger umgetauscht wurden, die nicht damit einverstanden waren.

Athen hatte 2012 mit einem Schuldenschnitt seine Gläubiger düpiert

Der BGH musste nun klären, ob den Anlegern deutsche Gerichte offenstehen, um den griechischen Staat auf Schadenersatz zu verklagen. Das war deshalb nicht ganz eindeutig, weil das Begeben von Staatsanleihen eigentlich eine privatrechtliche Angelegenheit ist - womit sich der Staat nicht auf seine "Immunität" berufen könnte. Nach dem Urteil des sechsten Zivilsenats geht es aber hier nicht um die Emission von Staatsanleihen, sondern um den zwangsweise verfügten Umtausch der Papiere. Dafür seien ein griechisches Gesetz sowie der Beschluss des Ministerrats maßgeblich - also hoheitliche Maßnahmen. Und für sein "hoheitliches Handeln" sei Griechenland nicht der deutschen Justiz unterworfen. (Az: VI ZR 516/14)

In der Konsequenz bedeutet das Urteil, dass ein wirtschaftlich angeschlagener Staat gleichsam durch eine einseitige Aktion seines Gesetzgebers seine Zahlungspflichten aus den emittierten Staatsanleihen reduzieren kann. Anlegeranwalt Gross sprach sarkastisch von einem Insolvenzrecht für Staaten. Freilich ist der Rechtsweg hier ohnehin nur ein Notbehelf. Das Risiko von Staatsanleihen bildet sich in ihrer Bewertung und in den dafür gezahlten Zinsen ab.

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