Bezahlsysteme:Das Smartphone als Geldbörse

Die Volks- und Raiffeisenbanken ermöglichen ihren Kunden bald, Rechnungen per Handy zu begleichen. Eine Pilotphase läuft bereits, im Juli 2018 soll die Technik für den Großteil der Klientel verfügbar sein.

Von Nils Wischmeyer

Möchten Sie das mit dem Handy bezahlen? Diese Frage löst wohl vielerorts Verwirrung aus. Geht es nach dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) soll sich das schon bald ändern. Denn die etwa 30 Millionen Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken können bald kontaktlos mit ihrem Smartphone bezahlen. Eine erste Pilotphase läuft bereits bei der Volksbank Mittelhessen und der VR Bank Hessen-Land. Im Juli 2018 wird die App dann für knapp 85 Prozent der Kunden ausgerollt. Über sie kann der Bankkunde mit seinen Kreditkarten sowie mit der Girocard mobil bezahlen.

Überall dort, wo man schon heute mit seiner Kredit- oder Girokarte kontaktlos zahlen kann, wird das auch mit dem Smartphone möglich sein - zumindest für Verbraucher mit Android-Betriebssystem. Denn die Lösung beruht auf der Technik der Near Field Communication (NFC). Für die braucht es einen NFC-Chip, der in den meisten modernen Handys verbaut ist. Er macht es möglich, verschlüsselte Daten vom Smartphone zu einer Station zu senden oder von dort zu empfangen. Größere Händler haben ihre Kassen mit solchen Stationen, die sie Terminals nennen, ausgestattet. Apple aber untersagt es Banken bisher, auf seinen NFC-Chip zuzugreifen, weshalb iPhone-Nutzer beim mobilen Bezahlen in Deutschland außen vor sind. Wann Apple sein eigenes Bezahlsystem in Deutschland auf den Markt bringt, ist unklar.

Auch ohne Apple sind die Volks- und Raiffeisenbanken aber nicht der einzige Anbieter auf dem Markt. Die Deutsche Bank bietet das kontaktlose Bezahlen bereits seit April an. Dort kann der Kunde aber nur mit einer Mastercard des Geldhauses bezahlen. Die Volksbanken bieten mit ihrer mobilen Bezahllösung auch die Visa-und Girocard an. "Die Girocard wird von vielen Kunden genutzt. Sie digital aufs Smartphone zu bringen, ist für uns nur der nächste logische Schritt", sagt Matthias Hönisch, Leiter Kartengeschäft beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Er schätzt, dass in den kommenden Jahren etwa fünf Prozent der Kunden regelmäßig mit dem Smartphone bezahlen werden. Damit wäre die Smartphone-Anwendung aber allenfalls eine Ergänzung zur Kredit- oder Girocard. Evolution statt Revolution.

Ob sich die Methode durchsetzt, entscheidet sich bei der Infrastruktur

Wesentlich optimistischer ist Christopher Schmitz von der Unternehmensberatung EY. Er glaubt, dass viele Banken bei dem Thema nachziehen. Das wiederum ermuntere Verbraucher, das mobile Bezahlen auszuprobieren. Ein erster Wettbewerber steht in den Startlöchern: Ab Mitte des Jahres 2018 wollen die Sparkassen ebenfalls eine mobile Bezahllösung anbieten.

Ob sich das Zahlen mit dem Smartphone flächendeckend durchsetzt, entscheidet sich aber nicht an der Zahl der Anbieter, sondern bei der Infrastruktur. Nur wenn man beim Bäcker oder am Kiosk mit dem Smartphone zahlen kann, wird sich das Verfahren auch etablieren. Für die Zukunft sieht Schmitz viele neue Anwendungsfelder: "Wenn Sie für 85 Euro ein Paar Turnschuhe kaufen und mit dem Handy bezahlen, könnte Ihnen der Sportartikelhersteller unter Mitwirkung Ihrer Bank direkt ein Rabattangebot für Sportsocken hinterherschicken", sagt Schmitz. "Das fördert die Bindung zwischen Kunde, Hersteller und Bank."

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