Wenn nach einer Bewerbung die Absage kommt, ist der Frust groß. Unweigerlich kommen dann die ersten Selbstvorwürfe: Hätte man die eigene Erfahrung klarer herausstreichen sollen? Wäre es besser gewesen, den Einstieg anders zu formulieren? Bewerber stellen sich dann vielleicht vor, dass in dem Unternehmen ein Mensch die Bewerbung kurz überflog und anschließend entsorgte, weil eine Kleinigkeit nicht passte. Doch womöglich war es gar kein Mensch, der einem den Traumjob vorenthielt. Manchmal trifft die Entscheidung auch ein Algorithmus, ein computergesteuerter Rechenvorgang, der nach bestimmten Schemata arbeitet. Knapp sechs Prozent der größten Unternehmen Deutschlands setzen schon einen solchen Algorithmus ein, weitere 13 Prozent haben das zumindest vor. Das ergab eine Untersuchung der Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg. Wer eine Bewerbung abschickt, muss also mittlerweile damit rechnen, dass sie automatisiert bewertet wird.
Wie funktioniert der Algorithmus als Personaler?
Die Gespräche führen Bewerber fast immer noch ausschließlich mit Menschen. Der Algorithmus ist in den meisten Fällen nur ein erster Filter, damit sich später der menschliche Personaler mit weniger Bewerbungen auseinandersetzen muss. Der Computer scannt dazu die Unterlagen und sortiert Bewerber aus, die die zuvor programmierten Einstellungskriterien nicht erfüllen.
Wie schreibe ich für einen Algorithmus?
Der Algorithmus suche in den Bewerbungen nach Schlüsselwörtern, mit denen die Stelle ausgeschrieben sei, sagt Wirtschaftsinformatiker Sven Laumer von der Universität Erlangen-Nürnberg, der solche Algorithmen erforscht. Bewerber sollten darum genau die Schlüsselwörter aus der Stellenausschreibung in ihrem Bewerbungsschreiben verwenden. Wenn in der Ausschreibung einer Stelle beispielsweise zwei Jahre Erfahrung im Einzelhandel vorausgesetzt würden und die Bewerberin zwei Jahre als Verkäuferin gearbeitet habe, solle sie auf jeden Fall den Begriff "Einzelhandel" verwenden und nicht schreiben, sie habe zwei Jahre lang "verkauft". Auch englische Begriffe aus der Stellenausschreibung sollten Bewerber einfach übernehmen. Das scheint aber nicht immer nötig zu sein: Neuere Algorithmen seien schlau genug, die Bedeutung der Begriffe auch dann zu erkennen, wenn sie anders aufgeschrieben seien, sagt Sven Semet von der IT-Firma IBM. Ein neuerer Rekrutierungsalgorithmus würde auch die Bewerberin, die schreibt, sie habe verkauft, nicht aussortieren. Schlimmer als falsch verwendete Begriffe sind falsch geschriebene: Laumer sagt, dass der Algorithmus oft gar nicht wisse, was der Satz mit einem falsch geschriebenen Wort bedeute.
Soll ich eher ausführlicher oder eher knapper schreiben?
"Unsere Software kann in einer Minute 8000 Bücher lesen", sagt Semet über die selbst lernende IBM-Software. Es spiele für den Algorithmus demnach keine Rolle, wie lang die Bewerbung sei. Theoretisch könnte sich ein Bewerber also in seinem Schreiben sehr ausführlich vorstellen. Jede Information, die in der Bewerbung steht, könnte ja ein Einstellungsgrund sein. Laumer sieht jedoch ein Problem bei langen Bewerbungen: Irgendwann könnten sie dann eben doch auf dem Tisch eines menschlichen Personalers liegen, dessen Geduld und Aufmerksamkeit begrenzt ist. Deswegen rät er trotz Algorithmen zu möglichst kurzen Bewerbungen.
Was muss ich tun, damit mich ein Algorithmus einer Firma vorschlägt?
Aussieben müssen nur Unternehmen, die zu viele Bewerber haben. Die, die zu wenige haben, müssen sich ihre Bewerber aktiv suchen. Das macht derzeit laut der Studie der Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg jedes zehnte Top-Unternehmen. Wer von solchen Firmen Stellenangebote haben möchte, braucht einen "digitalen Fußabdruck", sagt Semet. Vor allem auf den Online-Karrierenetzwerken Xing und Linkedin solle man präsent sein. Laumer rät Bewerbern, sich beim Ausfüllen des eigenen Profils auf den Netzwerken immer zu fragen: "Mit welchen Begriffen würde ein Unternehmen suchen?" Diese Begriffe gehörten dann auch in die Profile in den Karrierenetzwerken.